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Titel: Kunst und Wirtschaft · von Gerald Nestler · S. 138 - 143
Titel: Kunst und Wirtschaft , 2010

Alice Creischer
Ich möchte nicht als mittelständige Unternehmerin einer Kunstfabrik enden

Ein Gespräch von Dieter Buchhart und Gerald Nestler

Soziale, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen bilden den Kern Alice Creischers künstlerischer, kuratorischer und theoretischer Arbeit. In ihren disziplinenübergreifenden Projekten arbeitet sie in unterschiedlichen Kontexten und Verbindungen, wobei sie in ihren Präsentationen Visualisierungen, Objekte, Hörstücke, Videos, Zeichnungen und Malerei entwickelt, die stets in enger Verbindung zu ihrer Textproduktion entstehen.

***

Dieter Buchhart/Gerald Nestler: Was bedeutet Dokumentation in Ihren Arbeiten und wie wichtig ist Ästhetik in Bezug auf ihre Medieninstallationen wie „Mach doch heute Lobby“, die auf der documenta 12 zu sehen war?

Alice Creischer: Es geht in meiner Arbeit über historische Tatsachen, die ich dokumentiere. Man arbeitet meistens gegen eine offizielle Geschichtsschreibung. Es ist nicht so einfach, diese Tatsachen zu formulieren, man muss sie vergegenwärtigen und sie durch ihre Artikulation sichtbar machen, zur Welt bringen. Das ist also dann eine Frage der Ästhetik. Es gibt keine Ästhetik, die den Tatsachen angemessen wäre. Ich muss deutlich machen, dass sie durch meine Subjektivität artikuliert werden.

Inwiefern verzahnen sich Ihre Tätigkeiten als Kuratorin, Autorin und Künstlerin in Ihrer Analyse unseres kapitalistischen Wirtschaftssystems?

Diese Verzahnung ist als emanzipatorisches Konzept gedacht gewesen, als Künstlerin aus dieser Form des demütigenden Selektionsprozesses auszusteigen, von Galeristen, Kuratoren etc. ausgewählt oder beurteilt zu werden. Für unsere Generation war es eine Art Selbstermächtigung, nun umgekehrt die Ausstellungen und Urteilskonzepte dieser Personen zu beurteilen. Wir haben begonnen, in den damals noch jungen Zeitschriften wie die Springerin und Texte zu Kunst zu publizieren. Zugleich haben wir Ausstellungen und Kongresse selbst…


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