THOMAS WULFFEN
Exit – Neue Geografie der italienischen Kunst
Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, Turin, 22.9.2002 – 6.1.2003
Auf dem diesjährigen Art-Forum in Berlin fand eine Diskussion zum Verhältnis Turin und Berlin und deren Vergleichbarkeit vor fast leeren Rängen statt. Das mag sich in der nahen Zukunft ändern zugunsten Turins. Im Städtewettkampf mit Mailand und Rom hat Turin mit der Eröffnung der neuen Ausstellungshalle der Stiftung Sandretto Re Rebaudengo als Internationales Zentrum für zeitgenössische Kunst wichtige Punkte gesammelt. Die Stiftung wurde 1995 von Sandretto Re Rebaudengo gegründet und trat seit 1997 mit Ausstellungen in der eigenen Villa in Guarene d’Alba an die Öffentlichkeit. Der Neubau im Stadtzentrum ist eine der wenigen wirklich neuen Ausstellungsstätten nach dem Centro di Arte Comtemporane Luigi Pecci in Prato 1988, die nicht einfach umgewidmet wurden, sondern als genuine Ausstellungsinstitution konstruiert wurden. In dem ehemaligen Arbeiterbezirk mag das allerdings auch einen Beaubourg-Effekt nach sich ziehen. Die in der Nähe liegenden Restaurants und Kneipen im Stadtquartier San Paolo zeigten sich jedenfalls zur Eröffnung schon alle frisch restauriert und vorbereitet auf den Ansturm der Kunsttouristen. Das Ausstellungshaus wurde entworfen von Claudio Silvestrin, der wesentlichen Anteil an der architektonischen Sprache der Armani-Geschäfte hat. Sein Gebäude für die Stiftung Sandretto Re Rebaudengo zeigt sich minimalistisch und trumpft eher durch seine Zurückhaltung auf. Von den 3500 Quadratmetern des gesamten Komplexes sind 1000 Quadratmeter den Ausstellungsräumen reserviert. Der Rest umfasst Büroräume, Restaurant, Café, Buchhandlung und Lehrräume. Gerade letzteres ist bedeutsam, versteht sich die Institution doch nicht als ein dauerhaftes UFO, sondern will durch konkrete Angebote…