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Ausstellungen: Amsterdam · S. 365 - 365
Ausstellungen: Amsterdam , 1990

Frank-Alexander Hettig
Ilya Kabakov

Stichting De Appel, 6.10.-4.11.1989

Raritätenkabinette, worin jedoch keine Wunderkammer-Objekte, Exotik, Kostbarkeiten oder ideelle Werte versammelt sind, zeigt Ilya Kabakov (Ukraine, 1933) in seiner Installation in Amsterdam. Wie in früheren Totenkammern kann man hier als “Archäologe” ethnologisch überlieferte Sitten und Gebräuche als Relikte des Lebens entdecken. Jedoch sind diese Vitrinen der Mikrokosmos einer einzigen Person, die die formale Präsenz, sinnliche Qualität und die Eingriffe in den Gestaltungsprozeß übernimmt. Diese Kabinettschränke sind nicht mehr mit kostbaren Intarsien verziert, sondern reflektieren die alltägliche Wirklichkeit in der Sowjetunion auf eine ironische Art und Weise.

Kabakov, offiziell von der UdSSR anerkannt als Kinderbuchillustrator, baute in drei “Zellen” jeweils ein Stück eines Ganges einer “Komoenalka” (Kommunenwohnung) nach, deren jetzige Bewohner den liegengelassenen Müll auf den Gang setzten, um so ein freies und leeres Zimmer zu beziehen. Dieses Zitat der sozialen Wirklichkeit ist eine Simulation und Imitation eines Innenraumes im Innenraum. Auch die offizielle Kunst war in der früheren UdSSR ein Gang ohne Türen, worin eine Abweichung der vorgeschriebenen Route unmöglich war. Eine abgeschossene rosa Blumentapete gibt dem Gang mit Besen, Kleidern, Schuhen und anderem Gerümpel eine pessimistische, unsaubere, verbitterte und melancholische Atmosphäre und zeigt die Schwäche, Nichtigkeit und Ohnmacht des Menschen. Kleine weiße Silhouetten von Menschen stehen auf diesem Abfall oder schweben und fliegen durch die Gänge. In diesen Zellen stehen wie Zellkerne weiße Gemälde, auf denen am Rande Menschen gemalt sind. Vor diesen drei Schaukästen steht eine dunkel gebeizte, hölzerne Barriere, die die Raumbühne von den Zuschauern trennt. In dem Zuschauerraum stehen zwei Tische…


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