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Titel: Kann KI Kunst? AI ART: Neue Positionen und technisierte Ästhetiken · von Pamela C. Scorzin · S. 48 - 49
Titel: Kann KI Kunst? AI ART: Neue Positionen und technisierte Ästhetiken ,
Titel: Kann KI Kunst? AI ART: Neue Positionen und technisierte Ästhetiken

Kann KI Kunst?

AI ART: Neue Positionen und technisierte Ästhetiken
herausgegeben von Pamela C. Scorzin

Jede neue Technologie hat bislang auch neue Ästhetiken und Rhetoriken hervorgebracht, die sich in den Künsten spiegeln. Digitalisierung, Industrie 4.0 und Künstliche Intelligenz (KI) / Artificial Intelligence (AI) bringen derzeit eine algorithmisierte Ästhetik in den Künsten hervor, die in der AI ART zum Thema und Ausdruck ihrer selbst wird: Digitale Kunstproduktionen, die mithilfe von Machine Learning (ML) und intelligenten Algorithmen hergestellt werden, lassen sich dabei weniger als Werke denn als Aktualisierungen eines größeren computerbasierten Netzwerkes verstehen. Denn AI ART ist immer mehr als das, was bloß sichtbar wäre, d. h. was als Bild, Objekt, Installation oder Szenografie ausgestellt oder gesammelt wird. AI ART emergiert vielmehr aus einem komplexen hybriden Netzwerk, das von menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen etabliert wird, die gemeinsam kreativ handeln: als Kooperation und Ko-Kreation von Mensch und Maschine, von Künstler*innen und Künstlicher Intelligenz. Diese Ko-Kreativität bringt nicht nur ihre charakterististischen, sie gegenwärtig kennzeichnenden algorithmisierten Formensprachen (bspw. als GANism und Inceptionism) hervor, sondern wird auch durch darin kulturell eingeschriebene respektive eincodierte Machtverhältnisse und Politiken bestimmt.

Der Themenband möchte mit Analysen und Statements von Theoretiker*innen wie Praktiker*innen, die vielfältigen Intersektionen und Interdependenzen von Kunst und künstlicher Intelligenz aufzeigen. KI kann dabei sowohl Tool als auch Thema sein: In den letzten Jahren haben beispielsweise intelligente Algorithmen und leistungsstarke Netzwerke es Maschinen wie humanoiden Robotern ermöglicht, (scheinbar) kreativ zu werden. Müssten wir mit den Produktionen der Algorithmen nicht auch unseren modernen Kreativitäts- und Kunstbegriff aktualisieren? Wird eine KI uns bald in Galerien und Museen freundlich mit „Ich bin dein Künstler“ begrüßen – fast so wie in Maria Schraders Erfolgsfilm „Ich bin dein Mensch“, der 2021 für Deutschland ins Oscar-Rennen geht?

Welche neuartige Formensprachen und technisierte Ästhetiken verändern bzw. erweitern gegenwärtig das Wahrnehmen und Erfahren? Welches (nicht-menschliche) Verständnis und Wissen von der Welt bringt Kunst mit KI hervor? Haben Maschinen und Roboter, die Bilder und Gegenstände hervorbringen, etwa auch Bewusstsein und Fantasien, die sie Menschen kommunizieren wollen? Oder gehört das Alles schon zu der popkulturellen Mystifizierung und Mythologisierung der KI, wie sie uns zahlreich auch in den Künsten begegnen? Trägt die spiegelbildliche Vermenschlichung von KI durch Einbettung in anthropomorphisierte technische Entitäten, beispielsweise durch künstlerische Performanzen von Humanoiden, Avataren und Androiden, nicht auch dazu bei, ihr per se auch Kreativität zuschreiben zu wollen? Kann KI Kunst? Wir Menschen sind neugierig!

Mithilfe von KI wird jedenfalls längst Kunst geschaffen, inszeniert und distribuiert. Ob KI dabei die geniale Erschafferin, Urheberin und Autorin oder lediglich ein neues Werkzeug, eine neue Technik für Künstler*innen ist, hängt auch wesentlich davon ab, wie AI ART in einem Netzwerk von handelnden Akteur*innen betrachtet, diskutiert, ,gerahmt‘ und valorisiert wird. Es scheint, der Markt hat aber hier wie bei der Crypto Art und den NFTs längst entschieden, denn von KI generierte Schöpfungen werden seit einigen Jahren global ausgestellt, versteigert, gekauft und gesammelt.

Band 278 diskutiert AI ART deshalb als ein komplexes Netzwerkphänomen aus menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen, deren Interaktionen und Interdependenzen jeweils etwas in einer neuen algorithmisierten Ästhetik aktualisiert, dem auch Bedeutung und Relevanz zugeschrieben werden kann.

Nach Einleitungsessays von Pamela C. Scorzin, Peter Weibel und Arthur I. Miller fokussieren Jens Schröter, Inke Arns und Lars Harmsen auf das spannungsvolle Verhältnis von Kreativität und KI. Künstler*innengespräche zum Thema KI in Kunst und Kultur mit Trevor Paglen, Nora Al-Badri, Philippe Parreno und Refik Anadol ergänzen die Theoriebeiträge um weitere Detailaspekte.

von Pamela C. Scorzin

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