60. Venedig Biennale: Gespräche
Manal Al-Dowayan
Wüstenrosen als Heilung
Sabine B. Vogel: In welcher Weise ist Ihr Beitrag für den Pavillon der Emirate mit ihrem früheren Werk verbunden?
Manal Al-Dowayan: Für Shifting Sands: A Battle Song habe ich mit über 1.000 Frauen zusammengearbeitet. Es ist in vielen Aspekten eine Weiterführung meiner zwanzigjährigen künstlerischen Arbeit. Für meine Foto-Serie Look Behind the Veil oder I Am 2005 habe ich mit meinen Schwestern und Verwandten gearbeitet. 2005 hatte King Abdulla AlSaud in seiner Rede gesagt, alle Saudis mögen zusammen das Land aufbauen. Die Rede löste große Hoffnung aus, aber auch die Frage, welche Berufe Frauen jetzt ausüben sollen und dürfen. Später wurde das so interpretiert, dass es Jobs seien sollen, die der „Natur als Frauen“ entsprechen – aber wer definiert meine Natur als Frau? Daraus entstand die I Am-Serie. Damals habe ich es noch nicht so gesehen, aber heute weiß ich: Ich habe eigentlich immer mit Frauen oder Gemeinschaften partizipatorisch gearbeitet!
Mussten Sie damals als Künstlerin im Verborgenen arbeiten? Mir erzählte neulich jemand, früher seien Zeichnungen in Saudi-Arabien verboten gewesen?
Nein, Kunst war nicht verboten. Aber ich hatte doch große Befürchtungen, als ich Suspended Together (2011) erstmals in Dubai bei „Edge of Arabia“ ausgestellt habe. Es sind 200 Tauben, eingefroren, ohne Hoffnung, je zu fliegen. Jede Taube trägt auf ihrem Gefieder ein Erlaubnisdokument, das einer saudischen Frau die Reise erlaubt, ausgestellt von ihrem männlichen Vormund. Ich habe diese Dokumente bei vielen Frauen gesammelt – diese Vorschrift galt für uns alle. Eine PR-Agentur hat das…