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Fragen zur Zeit · von Michael Hübl · S. 34 - 37
Fragen zur Zeit ,

Fragen zur Zeit
Merkel, Nolde, Kickl, Nitsch und die Folgen.

Schon Dieter Krieg wusste, dass bloße Reflexe nicht viel taugen.
von Michael Hübl

Dieter Krieg kannte sein Metier. Er wusste, dass er in einer langen Tradition stand. Mit Ausdauer erwies er denen, die vor und neben ihm tätig gewesen oder noch aktiv waren, seine Reverenz. Zwischen 1975 und 1976 sprach er sämtliche Namen auf Tonband auf, die das Künstlerlexikon Thieme Becker in seinen 36 Bänden anführt. Ein Akt konzeptueller Courtoisie: „Allen Malern herzlichen Dank“ nannte Krieg seine Arbeit. In dieser Zeit legte er so richtig los in jenem Metier, welches er inzwischen dermaßen gut kannte, dass er ihm gründlich misstraute. Jetzt entwickelte Krieg die Malweise, die ihn bekannt machen sollte. Sie basierte auf der Maxime, von allen ästhetischen Tricks und illusionistischen Finessen, allen visuellen Pathosformeln und Suggestionsinstrumenten Abstand zu nehmen, die über die Jahrhunderte hinweg den technischen Fundus der Malerei bereichert haben. Zum Beispiel Glanzlichter. Als ,pictor doctus‘, als nicht nur belesener, sondern die eigenen Mittel kritisch befragender Maler wusste er nur zu gut, wie leicht es ist, mit einem satten Klecks Farbe einem Bildgegenstand gleichsam das Sahnehäubchen aufzusetzen. Wenn ein Glanzlicht einer Widerspiegelung gleichkommt, dann setzte Krieg Spiegeleier dagegen. Malte sein Motiv mit Schmackes und bremste jeden geschmäcklerischen Zugang aus, indem er auf die Malerei ein Stück transparentes Plexiglas montierte. Reflexe waren seine Sache nicht. Dieter Krieg setzte auf Reflexion.

Mit gutem Grund. Reflexe gehen ins Auge, Reflexion geht ins Gehirn. Dieser Sachverhalt scheint gegenwärtig einerseits besonders virulent, andererseits vergessen. Zum Zeitpunkt,…

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