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Monografie · von Reinhard Ermen · S. 214 - 217
Monografie , 2009

Reinhard Ermen
Nanne Meyer

Der Blick von oben, der Blick von der Ferne, – vielleicht ist das das kleinste Allgemeine, mit dem man die weitläufige Arbeit von Nanne Meyer (vorläufig) auf einen Punkt bringen kann. Wörtlich kann das nicht immer eingelöst werden, aber in dieser Vogelperspektive steckt ein Stück Distanzierungstechnik. So wie die Eindrücke auf sie einstürzen, so wie die Anlässe sie geradezu zwingen zu zeichnen, können sie nur auf diese Weise geordnet, vielleicht auch in Schach gehalten werden. Denn Nanne Meyer zeichnet unentwegt, sei es, dass sie ihre tagebuchartigen „Blindbände“ fortführt oder Serien weiterentwickelt, wie „Papierperspektive“ und „Luftblicke“, die sie in den letzten Jahren vornehmlich beschäftigt haben. „Luftblicke“, – da ist er wieder, der gleichsam kartografische Blick von oben, der das zu Füßen Liegende nach Maßgabe des Gesehenen aufs Papier übersetzt. Die Technik des Distanzierens meint aber auch, den Abstand wahren, um zusammenzufassen, um Übersichten herzustellen. Das Ergebnis ist ein strukturierter Raum, eine Übersicht, ein zusammengefasster Vorgang in Sichtweite zum Anlass (es geht schließlich nicht um ‚Abstraktion’) aber auch die Eroberung einer ästhetischen Eigenständigkeit. Anne Buschhoff spricht von „erinnerten Nachbildern“, und das gilt nicht nur im Zusammenhang mit Meyers „Luftblicken“. Erinnerung meint bereits einen Verarbeitungsvorgang. Das eigentliche Zeichnen (es geht um eine mediale Reinheit nach dem Prinzip der linearen Fortspinnung) schafft darüberhinaus Klarheit, es konzentriert das Wahrgenommene! Gelegentlich tritt Farbe hinzu, Wolken verdecken, flächiges Weiß kann ganze Räume bis auf kleine, sprechende Reste auslöschen, manchmal kollagiert sie auch ‚nur’ mit ausgeschnittenen Illustriertenfotos und das Lineare zieht sich auf die Schnittkanten…


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