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Titel: Essen und Trinken II · von Jürgen Raap · S. 254 - 255
Titel: Essen und Trinken II , 2002

PIZZA UND PIZZERIA

< KNEIPEN UND RESTAURANTS

Pizza war früher in Italien ein typisches Resteessen gewesen. Man belegte den Teigfladen mit jenen Zutaten, die in den vergangenen 1-2 Tagen übrig geblieben waren, vor allem nach einem üppigeren Mahl am Wochenende. Wer keinen eigenen genügend großen Backofen zur Verfügung hatte, trug sein Pizzablech zum Bäcker in der Nachbarschaft. Eine “Pizza Salami” oder eine “Pizza Frutti di Mare” gibt es erst, seit man in der Gastronomie dieses Gericht veredelt hat.

Mit den verschiedenen Emigrationswellen breitete sich seit etwa 1900 die italienische Esskultur auch in den USA und seit etwa 1960 ebenfalls in Europa nördlich der Alpen aus. Neben Pasta gilt heute Pizza weltweit als Inbegriff der italienischen Küche. Zugleich ist diese gebackene Teigscheibe mittlerweile auch Chiffre für eine globalisierte Crossover-Küche, denn für den Belag nimmt man heute die unterschiedlichsten Zutaten. Eine Kölner Pizzeria hatte jahrelang sogar eine “Pizza Colonia” mit einer lokalen Blutwurstspezialität auf der Karte. Ähnlich wie die chinesische Frühlingsrolle “Loempia”, türkisches Döner-Kebap oder mexikanische Tacos hat auch die Pizza inhaltliche und geschmackliche Adaptionen und Transformationen erfahren, durch die sie zu einem interkulturellen Phänomen geworden ist. Gleichwohl ist ihre Popularität an die sentimentalen Bezüge ihrer geografischen Herkunft gebunden. Deswegen gibt es im TV kaum einen Werbespot für Tiefkühl-Pizza aus hiesigen Lebensmittelfabriken, bei dem nicht Motive der italienischen Folklore verwendet werden. Natürlich zeigt man in diesen Spots keine Bilder von der tatsächlichen maschinellen Herstellung dieser Tiefkühlpackungen in einer höchst nüchternen Fabrikküche, sondern einen Schauspieler, der einen Koch namens “Alberto” mimt und der angeblich in irgendwelchen…

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