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Magazin: Bücher · von Rainer Metzger · S. 398 - 399
Magazin: Bücher , 2005

Rainer Metzger
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Folge 15

Auf dem Umschlag des 79. Heftes von “Ästhetik & Kommunikation”, erschienen im Oktober 1992, sind zwei Kunstwerke abgebildet. Vorne zu sehen ist ein sehr informelles Stück Malerei des Berliners Michael Diller, auf der Rückseite dagegen findet sich ein Foto von einer Installation, bei der Christian Boltanski im Jahr 1990 die Namen von Bewohnern eines Hauses in Berlin-Mitte, von dem allein die Brandmauern übriggeblieben sind, dokumentierte. Das Heft ist betitelt “Ästhetik nach Adorno”. Redaktionell betreut wurde es unter anderem von Christoph Menke. Vier Jahre davor hatte er, noch unter dem Doppelnamen Menke-Eggers, von “Ästhetischer Erfahrung nach Adorno und Derrida” geschrieben. Die Verkürzung, die der Titel nun erfuhr, war durchaus bemerkenswert. Auch bemerkenswert schien die Doppelung der künstlerischen Positionen auf dem Umschlag. Sollte diese Theorie etwas zu Boltanski zu sagen haben?

Wie sich schnell herausstellte, war die einschlägige Spurensicherung auf der Umschlagrückseite Ergebnis eines “redaktionellen Versehens”. Mit dem Boltanski-Foto lieferte “Ästhetik & Kommunikation” etwas nach, was ins Heft vorher gehört hätte. Nichts war es mit einer “Ästhetik nach Adorno”, die sich den Ausgriff in den Alltag leisten sollte, die in den öffentlichen Raum gehen würde und die banalen Gepflogenheiten von Passanten aufs Korn zu nehmen hätte. Ästhetik nach Adorno, so zeigten es Dillers Bilder und sie allein, würde sich weiterhin abspielen auf dem Karree der Leinwand, in der Weltsprache Abstraktion und dem Zusichkommen des künstlerischen Ego. Sollte diese Theorie also nichts zu Boltanski zu sagen haben?

In vielerlei Hinsicht ist Menkes “Die Souveränität der Kunst” tatsächlich ein Manifest des Informel. Sie…


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