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Ausstellungen: Berlin · von Hermann Pfütze · S. 258 - 259
Ausstellungen: Berlin , 2012

Hermann Pfütze
Rosige Zukunft

»Aktuelle Kunst aus Tunesien«
ifa-Galerie Berlin, 12.10. – 21.12. 2012; ifa-Galerie Stuttgart, 25.1. – 16.3. 2013

Faltblatt und Katalog dieser Ausstellung leuchten in einem Signalfarben-Rosa, das sonst eher zu Cindy aus Marzahn passt als zur Kunstszene und zur Politik. Aber in Tunesien ist es Ausdruck künstlerischen Protests und Aufbruchs seit der Revolution im Januar 2011. Denn im Arabischen gibt es eine Redewendung von der blumigen oder glanzvollen Zukunft, die ähnlich ironisch ist wie im Deutschen die Rede von der scheinbar rosigen Zukunft, so Christine Bruckbauer im Katalog (S.19ff). Dieses Rosa ist Protest sowohl gegen das verhasste Lila, die Farbe der Partei des vertriebenen Diktators, als auch gegen die schwarzen Fahnen der Salafisten und die schwarzen Ganzkörperhüllen ihrer Anhängerinnen. Lila ist die Farbe der Vergangenheit und schwarz die Farbe einer finsteren Zukunft, die die rosige Gegenwart bedroht. Die Serie „Dieses Brot da essen wir nicht mehr“ von Hela Lamine macht das sinnfällig. Sie hat sieben Scanografien des Diktators aus einem Wasser-Brot-Gemisch hergestellt, die eine Woche lang vor sich hinschimmelten. Das einst strahlende Rosa verfault dabei zu lila und schwarz. Auch Moufida Fedhila verspricht in ihrer „Supertunesian“-Performance in Rosa den Menschen das Blaue vom Himmel.

Ohne diese politische Farbenlehre sind einige Werke nicht zu verstehen, etwa die große Zeichnung „Pisse de R“ von Rania Werda. Ein Mann in Jeans, gesehen von hinten, pißt lila Urin, er „erlöst sich von dieser Farbe und befördert die Partei zu den Exkrementen der Geschichte“, so die Malerin im Katalog (S.126). Das Bild entstand gleich nach…



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