Istanbul
Souvenirs of the Future
Pera Müzesi 26.10.2023–28.04.2024
von Ingo Arend
Eine Giraffe auf Kohlblättern, Singvögel auf Akanthusranken, eine Ente steht auf dem Rücken eines blütengeschmückten Elefanten. Auf den ersten Blick wirken Francesco Simetis knallbunte Skulpturen aus glasiertem Steinzeug wie eine Mischung aus Keramik-Pop und Folklore-Kitsch. Doch was wie Zufall aussieht, hat einen realen Hintergrund. Die Inspiration zu seinen Arbeiten bezog der italienische Künstler von der Sammlung historischer Keramiken einer Istanbuler Industriellenfamilie. Kombiniert hat er die Arbeiten mit Stofftapeten, auf denen ebenfalls Tier- und Pflanzenmotive aus der Sammlung mit solchen auf Stockfotos kombiniert sind – Symbol für die Transformation von Natur ins digital Abstrakte. Die Ausstellung ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich aus der Befragung einer Sammlung, noch dazu mit einer scheinbar altmodischen Kunstform, (gesellschafts-)kritische Funken schlagen lassen. Historische Kacheln und Keramik aus der osmanischen Zeit bilden den Grundstock der Suna and İnan Kıraç-Stiftung, die der Ausgangspunkt für die von Ulya Soley, Kuratorin am Istanbuler Pera Müzesi, besorgten Schau ist. Für Jahrhunderte wurden in der westtürkischen Kleinstadt Kütayha mit glasierten Kacheln und Keramik einige der wichtigsten artifiziellen Produkte des Osmanischen Reiches hergestellt, zunächst für den Hof des Sultans, der damit das chinesische Porzellan imitieren wollte, mit dem er auf seinen Kriegszügen im Osten in Berührung gekommen war, später kam die Massenproduktion hinzu.
Das kleine, elegante Haus im Ausgehbezirk Beyoglu ist eines der privaten Kunstmuseen, die das Rückgrat der türkischen Kunstszene bilden. 2005 eröffnet, zeigt es neben einer Sammlung orientalistischer Kunst und osmanischer Maße regelmäßig ambitionierte Schauen zu Gegenwartsfragen. Wiewohl organisatorisch unabhängig, sind…