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Ausstellungen: Frankfurt · von Christian Huther · S. 303 - 305
Ausstellungen: Frankfurt ,

Frankfurt
We Never Sleep

Schirn Kunsthalle 24.09.2020–10.01.2021
von Christian Huther

Jill Magid wurde unfreiwillig zur Spionin. Die Künstlerin erhielt vom niederländischen Geheimdienst vor 15 Jahren den Auftrag, das „menschliche Gesicht“ der Behörde zu vermitteln. Dafür konnte sie 18 Agenten treffen und mit ihnen sprechen, aber keine Foto- und Tonaufnahmen machen. So notierte sich Magid akribisch Aussehen und Auftreten der Agenten. Diese Notizen druckte sie später und stellte dazu ein oder zwei charakteristische Wörter mit Neonlicht wie „Flüsterer“ oder „wirkt älter“. Doch die Behörde konfiszierte sieben Schriftporträts; die Spione sollten geschützt werden, sonst wäre ihr „Gesicht verbrannt“, ihre Identität also bekannt.

Jetzt zeigt die Frankfurter Schirn diese elf Porträts, die gute Vorstellungen von den Spionen ermöglichen: „Er sieht wie ein Amerikaner aus und spricht auch so, hat Vampirzähne, üppige Lippen und grüne Augen“, beginnt etwa eine Beschreibung. Für die konfiszierten Porträts stehen sieben leere Blätter; offenbar hatte Magid die Strategie eines Spions übernommen und sich jedes Detail der Gespräche eingeprägt.

Dieser Beitrag der 47-jährigen Amerikanerin ist das beste Werk der Schau unter den rund 70 Arbeiten, die 40 Künstler in den verangenen 60 Jahren gemacht haben, ergänzt von populären Filmen. Versammelt sind auch typische Spionageobjekte, von der Armbanduhr mit Mikrofon bis zur Zigarettenschachtel mit eingebauter Kamera; daneben vielerlei kuriose Objekte, ein von der Stasi inventarisiertes Einmachglas mit Geruchsprobe etwa oder eine Baumwurzel mit versteckter Kamera.

Es ist also für jeden etwas dabei, den Kunstfreund, den Filmfreak und den Historiker. Aber so inspirierend die Schau auch ist, so übervoll ist sie zugleich. Vielleicht hätte der Mut zur…

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von Christian Huther

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