Streit um Peenemünde als UNESCO-Weltkulturerbe

9. August 2021 · Kulturpolitik

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verfolgt die Idee, die Relikte der Heeresversuchsanstalt Peenemünde aus der NS-Zeit in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufzunehmen. Philipp Aumann, wissenschaftlicher Leiter des Historisch-Technischen Museums Peenemünde (HTM), ist dabei, einen entsprechenden Antragsplan auszuarbeiten. Zwar hätten die Ruinen dort auf Usedom eine „exponierte Verbrechensgeschichte“, doch es gelte, als UNESCO-Kulturerebe nicht nur Orte zu feiern, sondern ein Kriterium sei eben auch, ob der Ort „einen bestimmen Sinn habe“. Die neue Liste für künftige Welterbestätten soll 2024 bei der UNESCO eingereicht werden. „Die massive Kritik von Historikern und Experten“ an Schwesigs Plänen „verhallte bisher unerhört“, berichtete der NDR. Für die Linksfraktion im Schweriner Landtag sei der technische Fortschritt, der damals auf Usedom erprobt wurde, „keine bewahrenswerte Kultur“; die AfD hingegen stellte sich hinter Schwesigs Vorhaben. Die CDU mahnte an, in „der Welterbe-Debatte sei sehr viel Fingerspitzengefühl und wissenschaftliche Begleitung nötig“, die „Frankfurter Allgemeine“ nannte den Vorschlag unterdessen „abstrus“. Ab 1936 wurden auf dem Gelände unter dem Technischen Leiter Wernher von Braun Großraketen entwickelt und getestet; 1942 schaffte es eine dieser ballistischen Raketen erstmals bis in den Grenzbereich zum Weltraum, weshalb Peenemünde als „Wiege der Raumfahrt“ gilt. Doch um die Raumfahrt ginge es bei dem UNESCO-Vorhaben nicht, sondern um die „historische Bedeutung des Ortes“, erklärt der Historiker Aumann. Ab 1943 befand sich dort ein KZ-Außenlager. 3.000 Zwangsarbeiter, die in den Augen der SS-Führung jedoch ein Sicherheitsrisiko darstellten, und deswegen ab 1943 durch KZ-Häftlinge ersetzt wurden, teilte man damals in Arbeitskommandos für den Bunkerbau und andere Aufgaben ein. So bleibt nun abzuwarten, ob die Politikerin Manuela Schwesig es tatsächlich schafft, angesichts der heftigen Kontroverse ihr Vorhaben in der Kultusministerkonferenz durchzusetzen.


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