Streit um Raubkunst in den Niederlanden

9. Dezember 2020 · In eigener Sache

Während des Zweiten Weltkriegs wurden in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten Tausende von Kunstwerken beschlagnahmt, aus Museen, aber auch aus Privatsammlungen. Nach Kriegsende wurden in Frankreich, den Niederlanden, Österreich und weiteren Ländern „Nichtigkeitsgesetze“ erlassen. Sie bestimmten, dass Rechtsgeschäfte, die verfolgte Personengruppen während der Besatzungszeit betrafen, unwirksam sind. Die Alliierten gaben nach 1945 einen großen Teil der Raubkunst an die betroffenen Länder zurück, mit der Auflage, die ursprünglichen Eigentümer ausfindig zu machen. Doch in den Niederlanden stellte jetzt eine Untersuchungskommission fest, dass ab 2007 „nicht mehr aktiv“ nach den jüdischen Eigentümern oder ihren Erben geforscht werde. Rund 4.000 Werke ungeklärter oder zweifelhafter Herkunft befänden sich immer noch in niederländischen Museen. So muss z.B. derzeit ein Gericht in Amsterdam darüber entscheiden, wer Anspruch auf Kandinskys „Bild mit Häusern“ hat – die Erben des Sammlers Lewenstein oder die Stadt Amsterdam und ihr Stedelijk Museum? Im Frühjahr 1940 hatten deutsche Truppen die Niederlande besetzt, und im Oktober 1940 hatte das Museum dieses Bild für 160 Gulden angekauft. Axel Hagedorn, Anwalt der Lewenstein-Erben, beziffert den damaligen Wert jedoch auf 2.000 bis 3.000 Gulden und fordert eine Rückgabe an seine Mandanten. Eine staatliche Kommission hatte den Anspruch der Erben bislang zurückgewiesen mit dem Argument, der Nähmaschinenfabrikant Lewenstein habe seinerzeit das Bild freiwillig verkauft, da seine Firma schon vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Anwalt Hagedorn will dies nun mit Gutachten widerlegen. Immerhin stellte die erwähnte Untersuchungskommission inzwischen in ihrem Abschlussbericht fest, es verstoße gegen internationale Regeln, wenn bei der Überprüfung von Restitutionsansprüchen auch die Interessen der Museen berücksichtigt würden; vielmehr müsse die Wiederherstellung des Rechts vorrangiges Prinzip sein. Gegen das Gerichtsurteil, dass das Museum das Bild nicht zurück geben müsse, haben die Erben Berufung angekündigt.

Dazu in Band 252 erschienen:

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