Abjekte Zeiten.¹
Die Darstellung von Zukunft im Science-Fiction-Film des 21. Jahrhunderts
von Vivian Sobchack
Der vorliegende Artikel, aus dem hier einige, durch die Herausgeberin dieses Bandes ausgewählte Auszüge präsentiert werden, um den Begriff des postfuturistischen Films in die Diskussion einzubinden, entstand 2015 anlässlich einer Tagung in Bremen zum Thema „Die Zukunft ist jetzt“2(publiziert 2016) und handelt von abjekten Zeiten im Science-Fiction-Film nach dem 11. September 2001. Die Medienwissenschaftlerin Vivian Sobchack stellt in ihm die Frage, wie der Science-Fiction-Film in verschiedenen Chronotopoi (Apokalypse, Zeitreise und Alternativwelten) in einem traumatisierten 21. Jahrhundert mit der Darstellung von Zukunft umgeht bzw. diese reflektiert. Dabei übernimmt sie für den Begriff „Post-Futurismus“ die von Gerry Canavan formulierte Terminologie des Nekrofuturismus, „das Gefühl unvermeidbaren Desasters, das alle unsere zeitgenössischen Visionen der Zukunft durchdringt […] verbunden mit der felsenfesten Überzeugung, dass es keine Alternative gibt.“3
Einführend konstatiert Sobchack: Wir leben aktuell in abjekten Zeiten. Umgeben von Medienbildern, in denen lokale und globale Katastrophen unaufhörlich und ohne Pause aufeinanderfolgen, ist es extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich, sich die Zukunft positiv vorzustellen. Diese Schwierigkeit tritt am stärksten im zeitgenössischen Science-Fiction-Film hervor, einer Gattung, bei der es ja besonders darum geht, sich mögliche Formen der Zukunft vorzustellen.
Eine grundsätzlicher Bruch mit der bestehenden Ordnung und der Vorstellung von Zukunft ereignete sich, so Sobchack, am 11. September 2001: Betrachtet man die Sorge der amerikanischen Kultur über das Jahr 2000 und den Datumssprung des Millenium-Bugs, aufgrund dessen ein weltweiter Zusammenbruch von Computersystemen befürchtet wurde, so kann hier ein bedeutsamer kultureller Wechsel festgestellt werden. In etwas mehr…