Du sagst, ich wiederhole mich.¹
Zeitlichkeitslogiken und ihre Unterbrechungen (in der Kunst)
von Anke Hoffmann
Als Gegenentwurf zum omnipotenten Wachstumsdispositiv haben ästhetische Praktiken der Passivität und der funktionalen Unterbrechung eine jüngere Geschichte in der Kunst. Künstlerische Interpretationen von Faulheit, Schlaf oder Arbeitsverweigerung standen dabei meist im dialektischen Verhältnis zur getakteten Industrialisierung, entfremdeten Produktivität oder ideologischen Vereinnahmung. Mit der Finanzkrise erhielt der Diskurs 2008 erneut eine erhöhte Aufmerksamkeit. Um das Jahr 2010 wurden gleich mehrere Bücher von Theoretiker *innen2 veröffentlicht sowie neue Werke von Künstler *innen und Ausstellungen3 von Kurator *innen realisiert. Das Potential von Nichtstun und Verweigerung schien die Logik von Rentabilität und Effizienz, von Selbstvermarktung und Flexibilität – als Schlüsselbegriffe eines vermeintlich erfolgreichen Lebens – gekonnt zu entlarven und andere Zeitlichkeiten einzufordern. Vor dem Hintergrund der Krise bedeutete Passivität mehr als nur individueller Ungehorsam, es war auch der Versuch‚ das Paradigma des autoritären Neoliberalismus, zum verschuldeten Menschen zu werden, nicht zu verinnerlichen.‘4 Es ging darum, Gegenwart im Hier und Jetzt zu erzeugen, gegenseitige Abhängigkeiten sichtbar zu machen und Subjektivitäten neu auszuloten. Seitdem hat sich der gesellschaftliche Druck im Wettbewerbskarussell zur Selbstoptimierung, effizientem Zeitmanagement und sozialer Verausgabung nicht verändert. Was sich allerdings seitdem verändert hat, sind Revisionismus, Retro- Nationalismus und Demokratieunlust im öffentlichen politischen Kräfteverhältnis sowie die Lethargie in Bezug auf Klima- und Artenschutz und der Menschlichkeit mit „den Anderen“. Was uns nicht wirklich tangiert, interessiert uns nicht, da bleiben wir passiv. Es stellt sich die Frage, wie mit den anti / normativen Affekten vom Nichtstun als ästhetisches Konzept umzugehen ist –…