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Report · von Ingo Arend · S. 268 - 271
Report , 2016

Report
Aufbruchsstimmung im Libanon

Nach dem erbitterten Bürgerkrieg blüht die Kunstszene im Libanon neu auf
von Ingo Arend

Links ein Muskelprotz, dessen von Stereoiden geschwängerter Körper die Form einer Zypresse angenommen hat, dem Wappenmotiv des Libanon. Rechts vier schemenhafte, ausgeblasste Männergestalten, denen die Gesichter fehlen. Mit ihrem Bild „The Angels“ von 1986 hat die libanesische Malerin Seta Manoukian das Dilemma ihrer Heimat piktorial auf den Punkt gebracht. 1976 gewann zwar der Beiruter Bodybuilder Samir Bannout als erster Libanese den Titel eines „Mister Universe“. Die Klasse derer, die das Land regieren, besteht meist aus farbloser Dutzendware. Wie in vielen Staaten des Nahen Ostens schwankt das nationale Psychogramm der Republik am Mittelmeer zwischen politischer Kraftmeierei und institutionellem Versagen. Seit drei Jahren können sich die Parteien nicht auf einen Präsidenten einigen – Governance ohne Government auf levantinisch.

Der Normalfall ist eine so geharnischte Kritik des Patriarchats und der politischen Klasse im Nahen Osten nicht unbedingt, noch dazu öffentlich. Im Libanon geht es aber doch noch liberaler zu, als in anderen Ländern der Region. Denn in welchem von ihnen hätte man erotische Zeichnungen wie die der 1934 geborenen Juliana Séraphim zeigen können? Auf einer frühen Arbeit räkelt sich ein Hermaphrodit mit ragendem Phallus. Auf der Beiruter Kunstmesse (BAF) im Ausstellungszentrum BIEL liefen im September 2016 keine Sittenwächter Sturm. Wie Manoukian war Sérafim Teil einer Sonderschau „Lebanon Modern!“, die 13 Kunstpionierinnen seit 1945 präsentierte.

Im Reigen der internationalen Kunstmessen spielt die kleine Messe an der Ostküste des Mittelmeers keine große Rolle. Mit…



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