Hinter dem Vorhang
Verhüllung und Enthüllung seit der Renaissance
Museum Kunstpalast 01.10.2016 – 22.01.2017
von Kerstin Stremmel
Beat Wismers letztes Ausstellungsprojekt am Düsseldorfer Museum Kunstpalast ist ein gelungenes Abschiedsgeschenk fürs kunstinteressierte Publikum und für ihn selbst geworden, Ausstellung und Katalog sind opulent, wie es einem kunsthistorischen Blockbuster gebührt: Vorhang auf für mehr als zweihundert epochenübergreifende und durchaus heterogene Werke, neben malerischen Positionen von der Renaissance bis heute werden auch Skulpturen und Fotografien gezeigt. Da die Hängung nicht streng chronologisch, sondern thematisch orchestriert ist, kommt keine Langeweile auf, obwohl man manchmal vor lauter Vorhängen die Welt nicht mehr sieht.
Den Anstoß zur Ausstellung bildete ein verwirrendes Gemälde von Tizian, das Bildnis des Filippo Archinto aus dem Jahr 1558, das Wismer vom Philadelphia Museum of Art entleihen konnte. Das Gemälde zeigt einen nach rechts geschobenen, durchsichtigen Vorhang, der den Theologen und Reformer Archinto zur Hälfte überdeckt. Die vielen Funktionen des Verbergens und Verhüllens, etwa Demonstration von Macht oder Luststeigerung, die im weiteren Verlauf der Ausstellung aufgefächert werden, können hier nicht Anlass der virtuosen Inszenierung sein. Inhaltlichen Aufschluss gibt der Katalogtext von Horst Bredekamp, der einen Konflikt zwischen dem in Mailand zum Erzbischof ernannten Archinto und der Mailänder Aristokratie und dem Klerus als Anlass für die Darstellung sieht: Archinto, der sein Amt in Mailand nie ausüben konnte, werde „mithilfe des Vorhangs in seinem gleichsam gespaltenen Status“ gezeigt. Dass sich der Saum des Vorhangs exakt durchs rechte Auge zieht, von Bredekamp als Organ der Gerechtigkeit bezeichnet, erhöht nicht nur die Ambivalenz der Darstellung, sondern lässt…