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Essay · von Michael Hübl · S. 206 - 245
Essay , 2016

Rückkehr der Väter

Familiäre Bindungen zwischen den Künstlergenerationen:
Vermächtnis, Auftrag oder schiere Fortsetzung einer Tradition?

Von Michael Hübl

Die Väter kehren zurück. Und fast sieht es dabei so aus, als habe sich momentan die Kunstwelt gegen Platon verschworen. Sie verdankt dem attischen Philosophen viel: Sein Höhlengleichnis, spätestens seit Susan Sontags Essay „On Photography“ ins Medienzeitalter katapultiert, hat den Kunstdiskurs wiederholt inspiriert. Und doch scheint sich die Kunstwelt gegenwärtig – zumindest in einem Punkt – gegen Platon zu wenden. Der hat in seinem Dialog „Protagoras“ die These aufgestellt, dass die Söhne guter Maler selbst keine guten Maler werden könnten.1 Will sagen: Herausragende ästhetische Fähigkeiten lassen sich nicht einfach innerhalb derselben Familie von einer Generation auf die nächste übertragen. Seit einiger Zeit jedoch will man offenbar genau das demonstrieren: Auffällig oft wird seit einiger Zeit Vater-Sohn-Beziehungen in der bildenden Kunst nachgespürt – und das nicht erst, seit Neo Rauch unter großer medialer Anteilnahme damit begonnen hat, in seiner Grafikstiftung Blätter aus dem Nachlass seines Vaters Hanno Rauch an die ­Öffentlichkeit zu bringen.2 So lud etwa das Museum Wiesbaden ab März 2016 zu einer dreieinhalbmonatigen „Seniorenfeier“3, die zwar in der Hauptsache dem damals 78-jährigen Thomas Bayrle gewidmet war, aber zugleich eine Auswahl der deutlich von Paul Cézanne beeinflussten Malereien des Vaters Alf Bayrle (1900 – 1982) umfasste. Und als Ergebnis umfangreicher Vorbereitungen präsentiert das Schlossmuseum Murnau „Väter & Söhne“ zwischen „Konfrontation und Gleichklang“ (so der Untertitel)4, wobei die Timeline von dem verspäteten Deutschrömer Edmund Kanoldt (1845 – 1904) und seinem neusachlichen Sohn Alexander (1881 – 1939) bis zu Lenz und Florian Geiger…


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