Jesse McLean
Sich in ein Medium hineinbeamen
Ein Gespräch von Christian Höller
Jesse McLean zählt zu jenen KünstlerInnen, die zu einem Gutteil mit Material arbeiten, das aus anderen Medien übernommen ist. Wobei es keine Rolle spielt, ob es sich dabei um Spielfilme, Popsongs, Fernsehsendungen, Buchzitate oder, immer präsenter, allerlei „Treibgut“ aus dem Internet handelt. Im folgenden Gespräch, das einen Bogen von ihren frühesten, vor circa zehn Jahren entstandenen Arbeiten bis herauf zu ihren jüngsten Werken spannt, geht es um McLeans spezifisches Verständnis von „Appropriation“ und „Found Footage“. Durchgehendes Thema ist dabei die Frage, inwiefern das Internet und die Digitalkultur eine neue Sichtweise auf diese Begriffe nahelegen.
Christian Höller: Du beziehst in Deinen Filmen Material aus vielerlei Quellen mit ein – Material, das Du auf scheinbar „nahtlose“ Weise miteinander verknüpfst. So ist es relativ schwer zu erkennen, was Originalaufnahmen und was appropriiert ist. Inwiefern, glaubst Du, macht die Unterscheidung zwischen „original“ und „übernommen“ überhaupt noch Sinn? Und falls diese Differenz im Zuge des postdigitalen Filmemachens zunehmend obsolet werden sollte, was, denkst Du, wird an ihrer statt relevant?
Jesse McLean: Die Unterscheidung zwischen Originalität und Appropriation war immer schon unscharf. Aber die Leichtigkeit, mit der man heute bestimmte Quellen teilen kann und die Verfügbarkeit entsprechender Werkzeuge haben das Ausmaß an Medien, die sich auf diese Weise ineinanderblenden lassen, noch gesteigert bzw. entscheidend vereinfacht. Außerdem hat die Fülle des Medialen, das uns umgibt, viele Leute und auch KünstlerInnen in die Lage versetzt, diese Trennlinie noch weiter zu verwischen. Man denke nur an die weithin kursierenden „Meme“ und…