Potsdam
Die Form der Freiheit
Internationale Abstraktion nach 1945
Museum Barberini 04.06.– 25.09.2022
von Ingo Arend
„Wie New York die Idee der Modernen Kunst gestohlen hat“. So nannte der französische Kunsthistoriker Serge Guibault 1983 ein Werk, das Furore machen sollte. In dem Buch zeichnet der Wissenschaftler die Entstehung des Abstrakten Expressionismus Ende der Vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts in den USA nach. Guibaults explizite These lautet, dass sich der Siegeszug dieser Kunstrichtung zu einem nicht geringen Teil den ideologischen Entwicklungen und Bedürfnissen der Zeit des heraufdämmenden Kalten Krieges verdankt. Schien dessen Spontaneität, Exaltiertheit und (massiv virile) Vitalität doch gleichsam in Reinkultur den Begriff der Freiheit zu repräsentieren, mit welchem der amerikanische Liberalismus die Grenze zum Totalitarismus sowjetischer Prägung zu ziehen suchte.
Schwer zu sagen, ob der heutige Emeritus an der Universität von British Columbia sein Buch wird umschreiben müssen. Aber wenn es ein unausgesprochenes Fazit der Schau „Die Form der Freiheit“ in dem privaten Kunstmuseum des Potsdamer IT-Unternehmers Hasso Plattner gibt, dann ist es die, ist, dass diese Kunstrichtung zu vielgestaltig war, als dass sie auf einen Mann wie Jackson Pollock reduziert werden dürfte, der als ihr führender Protagonist galt. Auch die ideologischen Bedürfnisse waren breiter gefächert, als dass sie sich als Erfindung des CIA beziehungsweise des United States Information Service (USIS) abzutun wäre, wie das gelegentlich im Kunstdiskurs geschieht. Auch wenn diese Regierungsbehörde sie durchaus, etwa in Form von Wanderausstellungen, als ästhetisches Instrument der Systemkonkurrenz benutzte. Eine derartig breit angelegte Übersicht war schon lange nicht mehr zu sehen. Beredt, opulent und auf höchstem…