Johannes Meinhardt
Eugène Cuvelier
Graphische Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart, bis 25.5.1997
Musée d’Orsay, Paris, 9.6. – 31.8.1997
Eugène Cuvelier (1837-1900) stand als Photograph an jener historischen Überkreuzung oder jenem Chiasma, an dem die kurz vorher erfundene Photographie sich einerseits technisch von der Malerei generell abzulösen begonnen hatte, andererseits aber sich dadurch, daß sie in Kontakt mit einer bestimmten, selbst schon – in ihrer Zeit; und in einem weiteren Sinn auch heute – modernen Malerei geriet, der Landschaftsmalerei der Schule von Barbizon, sich auf neue Gegenstände warf und der Malerei nahekam wie nie zuvor und nie später.
In den Photos von Eugène Cuvelier ist die Photographie – explizit und ausgeprägt wie sonst nie – eine Graphie, eine Einschreibung in eine Oberfläche, die Sedimentierung von Spuren auf einer Oberfläche; sie ist weit entfernt von der scheinbar unmittelbaren Anwesenheit des Blicks bei den Dingen, welche durch das objektive technische Verfahren der `Lichtschrift’ möglich geworden war. Photographie ist für ihn ein graphisches Verfahren, eine Art der Zeichnung, eine, allerdings technisch und nicht durch eine Hand vermittelte, pikturale Produktion – und nicht das jubilierende oder mortifizierende und betrauernde Festhalten der wirklichen Existenz der Dinge oder der Menschen. Seine Photographien sind nur in seltenen Fällen Dokumente; er fängt keine vergänglichen Wirklichkeiten ein, unwiederbringliche authentische Momente oder vorher ungesehene Details, die erst im Photo studiert werden können, sondern er stellt mithilfe des Lichts Zeichnungen her, die ästhetische Zeitlosigkeit und nicht dokumentarischen Beweis- oder Existenzcharakter beanspruchen.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß Eugène Cuveliers Vater Adalbert Auguste Cuvelier (1802-1872) 1853 das Verfahren…