Wolfsburg
Freundschaften
Gemeinschaftswerke von Dada bis heute
Kunstmuseum Wolfsburg 13.05.–24.09.2023
von Matthias Reichelt
Jean-Jacques Lebel (*1936) ist „vor allem ein Mann der Begegnung, unablässig hat er Begegnungen gesucht, als Erprobung auf dem Feld des vitalen Lebens, der Gefühle, der Politik und der Kunst“. So charakterisiert David Lapoujade, Philosoph und Herausgeber postumer Texte von Gilles Deleuze den Netzwerker, Künstler und Aktivisten Lebel. Letzterer zeichnet zusammen mit der Kunsthistorikerin Blandine Chavanne verantwortlich für die bereits im „Musée des civilisations de l’Europe et de la Méditerranée“ in Marseille gezeigte und nun in Kooperation in Wolfsburg zu sehende Ausstellung über produktive Freundschaften unter Künstlerinnen und Künstlern. „Was genau löst den Wunsch aus, das ,Ich‘ gegen ein ,Wir‘ einzutauschen und damit die eigene Art zu denken, zu fühlen, sich auszudrücken und zu leben radikal zu ändern?“ Diese zentrale Frage war für die beiden der Ausgangspunkt für die Recherche nach Kunstwerken, die kollektiv produziert wurden. Freundschaft als konstituierendes Element kollektiver Produktionen von Künstlerinnen und Künstlern ist durchaus stimmig, dennoch wollen die beiden Kuratoren bewusst nicht auf Künstler*innengruppen setzen, was zu einer kritisierbaren Unschärfe der Konzeption und auch zu Widersprüchen führt. Denn wie Siegfried Zielinski in seinem Katalogbeitrag mit Verweis auf Maurice Blanchot ausführt, ist „Freundschaft das mit einem anderen geteilte Gefühl des Fremdseins in dieser Welt“.
Sich an diesem Punkt zu finden und für eine Strecke gemeinsam Kritik und Interpretation von Welt und Wirklichkeit mittels Kunst zu finden, trifft doch ebenso auf Ornette Coleman und seine mit Doppelquartett am 21. Dezember 1960 eingespielten Schallplatte Free Jazz und wie zum Beispiel…