Berlin
Indigo Waves and Other Stories
Re-Navigating the Afrasian Sea
and Notions of Diaspora
Gropius-Bau 06.04.–13.08.2023
von Ingo Arend
Eine riesige, historische Weltkarte. Zu sehen sind darauf in leichtem Gelbstich die Kontinente: Nordamerika, Südamerika, Europa, Afrika, Asien und Australien. Zu ihren Füßen drängen sich jedoch eine Reihe von mythischen, schwer entschlüsselbaren, ineinander verschlungenen Figuren, die das Bild verunklaren: Der Meeresgott Poseidon, der Kopf eines Tigers und eines Widders, ein Feldherr hoch zu Ross, zwischen Grönland und Skandinavien recken zwei Schwäne ihre schwarzen Hälse aus dem Nordatlantik hin zum Kartenrand.
Malala Andrialavidrazanas Arbeit entstammt ihrer Serie Figures. Diese 2016 – 2019 entstandenen Fotomontagen sind wie Atlanten organisiert. Mit diesen Überblendungen stellt die madagassische Künstlerin nicht nur das System der Kartographie in Frage. Sie interpretiert historische Ereignisse neu und bietet eine alternative Lesart von Dispositiven der Macht: Geographische Zonen, Verbindungen der globalen Logistik wie Kabelsysteme, Fluglinien oder Flussverläufe.
Andrialavidrazanas Arbeit führt gleichsam zur Leitidee der Ausstellung, die Natasha Ginwala, Associate Kuratorin des Gropius-Bau und Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, der neue Intendant des Hauses der Kulturen der Welt (HKW) kuratiert haben: Eine andere Sicht der Welt vorzuschlagen, die wir zu kennen glauben und aus und mit unserer Perspektive markiert haben. Im Zentrum ihres Versuchs, die durch den Kolonialismus verschütteten kulturellen und sprachlichen Verbindungen aufzurufen und neu zu beleben, steht das drittgrößte Gewässer der Welt. Allgemein wird der Ozean, der Afrika und Asien ebenso trennt wie verbindet, Indischer Ozean genannt. Die Chiffre hat die Namen, die Anrainer dem Gewässer gegeben haben, verdrängt: Ziwa Kuu, Swahili Meer, Ratnakara, Bahari Hindi. In dieser…
