60. Venedig Biennale: Gespräche
Guerreiro do Divino Amor
The Superfictional World
Heinz-Norbert Jocks: Deine Installation beruht auf ein fortlaufendes Projekt namens The Superfictional World Atlas.
Guerreiro do Divino Amor: Ja, es handelt sich dabei um ein weltumspannendes, kartografisches, unendliches Projekt allegorischer Art, für das ich seit fast zwei Jahrzehnten Studien und Recherchen zur Beziehung zwischen städtischem Raum und kollektiver Identität, Architektur und Ideologie und zwischen politischer Propaganda und nationaler Identität betreibe. Im Pavillon schlage ich das sechste und siebte Kapitel auf, The Miracle of Helvetia und Roma Talismano. Sie beruhen auf einer dreijährigen Recherche über die von Orten, Nationen und Städten über sich selbst konstruierten Fiktionen und die Frage, wie religiöse Mythologien manchmal miteinander verschmelzen und die gleichen architektonischen Elemente der Macht wie beispielsweise Säulen verwenden. Der architektonischen Struktur des Pavillons, die im Dialog mit anderen Teilen außerhalb steht, wo Säulen herum- und aufeinanderliegen, liegt die Frage nach der moralischen und zivilisatorischen Überlegenheit zugrunde.
Wovon handelt The Miracle of Helvetia?
Von der superfiktiven Schweiz. Am besten ich spreche erst einmal darüber, wie Rom und die Schweiz zu Konzepten neben oder über ihre eigene Existenz geworden sind, beginnend mit der Schweiz. In Brasilien, wo ich lebe, herrscht ein Kampf zwischen verschiedenen Städten darum, die Schweiz von Brasilien zu werden, geprägt von der Idee, ein so sauberer wie perfekter Ort der Zivilisation in Harmonie mit der Natur und der Technologie zu sein. Es ist, als wollte man einen lebenden Beweis dafür liefern, dass die kapitalistische Gesellschaft funktioniert, weil es die Schweiz gibt. Da…