Köln
Jannis Kounellis
Sarajevo 2004
KUK Galerie Cologne 22.05.– 19.08.2021
von Noemi Smolik
Auf den ersten Blick scheint es eine harmlose Ausstellung zu sein. In den schwarz gestrichenen Räumen der Galerie sind großformatige Fotos einer Installation des aus Griechenland stammenden, im Jahre 2017 verstorbenen Künstlers Jannis Kounellis zu sehen. Die Stimmung ist feierlich und unheimlich zugleich. Die Fotos zeigen eine große verfallene Halle mit von Säulen gezäumten Eingängen, die einzeln mit Büchern, zusammengefalteten Säcken, mit alten Nähmaschinen, mit Steinen oder mit in Aluminium eingewickelten Kleiderfetzen „zugemauert“ sind. Insgesamt 12 Bögen. Die Materialien wie auch die Atmosphäre des Verfallenen, Vergänglichen, die Kounellis so meisterhaft inszenieren konnte, kennt man. Nur diesmal ist es nicht nur eine künstlerische Inszenierung. Die Halle mit den verbrannten Wänden ist der Rest der Bibliothek in der bosnischen Stadt Sarajevo, die am 25. August 1992 während der Belagerung dieser Stadt durch serbische Truppe ausgebombt wurde. Dabei sind Tausende Schriftstücke und Büchern und unschätzbaren Wert verloren gegangen.
Und damit sind wir bei einem der tragischsten Ereignisse seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Vom April 1992 bis Februar 1996 wurde Sarajevo von serbischen Gruppen belagert, mit Granaten beworfen und seine Bewohner von den umliegenden Hügeln von Heckenschützern beschossen. 11 000 Menschen starben, mehr als 50.000 wurden verletzt, es gab kein Wasser, kein Strom, nur Hunger und Angst. Versorg wurde die Stadt aus der Luft und durch einen Tunnel. Es war die längste Belagerung einer europäischen Stadt im 20. Jahrhundert.
Dieser Wahnsinn dauerte auch deswegen so lange, weil die europäische Öffentlichkeit es lange einfach…