Kindliche Ästhetik als Stil
6 junge Positionen
Eine kommentierte Bilderschau von Larissa Kikol
„Zeichnen ist vielleicht gerade deswegen so wichtig für das Kind, weil es sich dabei als mächtiger, als stärker und kompetenter fühlen kann, als es im Moment ist“,1 schrieb der Psychologe Martin Schuster über die Bildfantasie als Wunscherfüllung. Eingegrenzt wird dieser positive Motor aber dadurch, dass das Kind im Laufe seiner Entwicklung merkt, dass es an seine Grenzen stößt und seine Resultate als nicht mehr befriedigend erlebt. Meistens ist das der Zeitpunkt, an dem es aufhört zu zeichnen. Für einige erwachsene Künstler sind aber genau diese „Kinderfehler“ am spannendsten, und da sie eben keine Kinder mehr sind, können sie diese Fehler bewusst, refl ektiert und abstrahiert in einen eigenen Stil transformieren. Daraus resultiert eine noch größere Schaffensfreude, aber auch eine noch größere Herausforderung an die individuelle Handschrift. Die Freiheit, eigene Regeln in der ästhetischen Kunstproduktion aufzustellen, multipliziert natürlich das Potential dieser ‚Fehler‘: in der Konsequenz, in der Wirkmacht, im Ausdruck und in ihren Realisierungsmöglichkeiten. Die eigenen Regeln gelten aber auch für Landschaften und Körper, die eine neue „Natur“ der Dinge voraussetzen, und manchmal auch von Computerspielen inspiriert sind. So entstehen sehr individuelle Positionen, die eine kindliche Ästhetik in zeitgenössische Bildsprachen übersetzen. Andererseits spielen die Künstler aber auch mit kindlichen Inhalten und Heldenfiguren. Damit docken sie aber nicht nur an eine emotionale Rezipierung an, sondern arbeiten auch mit stilistischen Errungenschaften, deren Qualitäten sich in der formalen Analyse eindeutig von realen Kinderzeichnungen unterscheiden. Die so entstehenden Bildwelten thematisieren künstlerische Gegenwartsfabeln, schrille Märchen-Szenografi…