Essen
Tobias Zielony
The Fall
Museum Folkwang 24.06.– 26.09.2021
von Renate Puvogel
Bereits während seines Studiums im britischen Newport (1998 – 2001) haben die prekären Zonen der strukturschwachen Industriestadt die Aufmerksamkeit von Tobias Zielony geweckt. Seit seiner Abschlussarbeit über Jugendliche in Bristol widmet sich der 1973 in Wuppertal geborene Foto- und Filmkünstler fast ausnahmslos unterschiedlich marginalisierten Heranwachsenden in aller Welt. Dabei scheut Zielony den Begriff ‚urbane Randzonen‘, weil die Jugendlichen ihr Terrain als Zentrum selbstbewusst leben und erleben. Der Künstler begleitet die Menschen als (an-) teilnehmender Beobachter eine Zeit lang, fotografiert sie mit ihrem Einverständnis in ihrem Ambiente und stellt so atmosphärisch dichte Zeugnisse ihrer jeweiligen Lebensgestaltung her. Zusammen ergänzen sich diese Abbildungen als „bewegliche Konstellationen“, wie er sagt, zu aussagestarken Serien: Ohne zeitlichen Ablauf und räumliche Einordnung weisen sie dennoch gewisse narrative Qualitäten in einer Mischung aus Dokumentation und Fiktion auf.
Das Museum Folkwang zeigt nun die erste umfassende Werkschau des Künstlers; zu den Arbeiten aus zwanzig Jahren gehören Fotoserien, Videoarbeiten, Rauminstallationen und eine digitale Diashow. Annähernd chronologisch startet der Parcour mit Arbeiten um das Jahr 2000, einer retrospektiven Diashow über die Zeit des Umbruchs in Deutschland, mit Fotos von nächtens herumlungernden Tagedieben („Corfew“) und von der tristen Plattenbausiedlung Halle-Neustadt; hinzu kommt das Video eines schlafenden Mannes in einem geräuschreichen Pornokino („Big Sexyland“). Damit sind schon zentrale Probleme wie Arbeitslosigkeit, menschenfeindliche Wohnformen, Straftaten, Drogen und Sexarbeit angeschnitten, anhand derer Zielony den Betroffenen ein Forum gibt, darüber hinaus immer auch politische und soziale Missstände aufzeigt. Statt diese direkt zu benennen wie bei Sozialreportagen, werden…
