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Titel: KUNST = SPIEL! · von Larissa Kikol · S. 42 - 41
Titel: KUNST = SPIEL! ,

KUNST = SPIEL!

Kindliches und Spielerisches als Motor der Kunst
herausgegeben von Larissa Kikol

„Die Kunst ist die bessere Kindheit.“ Und: „Die Kunstwelt ist der bessere Spielplatz.“ Unter diesen Prämissen wurde die zeitgenössische Kunstwelt untersucht, unter diesen Leitfäden entstand der vorliegende Themen band. Das innere Kind des Künstlers, Kurators, Sammlers und Betrachters muss sich nicht mehr verstecken, im Gegenteil, jeder darf es rauslassen, jeder darf spielen! „Kunst ist das Kind in dir!“ heißt es in Jonathan Meeses Manifest, das er extra für KUNST FORUM International aufsetzte. Die Kunstwelt wird als Playground identifiziert. Es ist ein Geburtstag-Haben, ein Moment der positiven Ausnahmen, und da wo Kinder aus praktischen Gründen noch eingeschränkt sind, kann sich der spielende Erwachsene, der Kind-Künstler (fast) alles erlauben. Das Spielerische wird explizit als das utopisch-kindlich Spielerische definiert, dazu zählen Spaß, Radikalität, Verliebtsein und eigene Spielregeln, die jederzeit wieder umgeworfen werden können. Ohne den spielerischen Anteil in der Kunst würden in der ästhetischen Produktion, in den Inhalten und im Kunstbegriff selbst, kaum neue Entwicklungen und Veränderungen entstehen, würden kaum Ausdehnungen, Experimente, Erweiterungen und Entgrenzungen stattfinden. Die Reaktivierung des Kindlichen gilt als Motor der Kunst.

Klarzustellen ist aber, dass es weder um pädagogische Konzepte noch um reale Kinder geht. Ausschließlich der spielende Erwachsene in der erwachsenen Kunstwelt steht im Fokus, eben die „optimierte Kindheit“ im White Cube, auf Kunstmessen oder im Atelier. Davon wird kein Medium ausgeschlossen: Ob Malerei, Plastik, Installation, Performance, Architektur oder Game Art, das Kindliche wird übergreifend ausgelebt.

In Spiel! Spiel am Tollsten! – Kindliches und Spielerisches im Wandel der Kunst wird nicht nur eine spielerische Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts rekonstruiert, sondern auch das Phänomen in seiner aktuellen Erscheinung vorgestellt. Von betrunkenen Monstern, riesigen Badeenten in urbanen Häfen, über die Kindheit im hohen Alter wie bei Rose Wylie, hin zu vandalischen Graffiti-Spielen, berichtet Larissa Kikol.

Der wahrscheinlich radikalste Spielkünstler Jonathan Meese erzählt sehr persönlich von seinen Allein-Spielen, von verwundbaren Herzen und seiner spielenden Mutter.

Sechs jüngere Positionen zeigen in der Bilderstrecke Kindliche Ästhetik als Stil wie sie sich individuelle Formsprachen und Weltentwürfe in der Malerei, Zeichnung und Animationskunst erspielen.

In die Düstere Kindheit reihen sich Künstler ein, die ernste, politische Themen wie Krieg oder Sklaverei durch kindliche Bildsprachen und Erzählformen aufarbeiten. In Spiele, Kinder Kunstpublikum und andere Perversionen erzählt Peter Joch über das Ausstellen eines KZ-Baukastens und Wael Shawky über sein Marionettenspiel der Kreuzzüge.

Der Abschnitt Spielende Künstler, wird mit der Aufforderung Und vergesst den Spaß nicht! eingeleitet. Das Kollektiv Gelitin verrät wie man mit Pferden spielt und wie man mit seinen Pobacken am besten malt. Thomas Webb traf sich mit Anika Meier zum virtuellen Spielen.

Die Bilderstrecke Spielzimmer White Cube zeigt Installationen, die den Ausstellungsraum endgültig zum ausgelebten Kindheitstraum transformieren. Ausgehend von „Kevin Allein zu Haus“, wird sichtbar, was Künstler anstellen können, wenn man ihnen nur genug Räume zur Verfügung stellt. In die Superlative geht die Architektin Li Xang. Sie entwirft utopische Märchenräume als Spielparks, die nicht nur von Kindern besucht werden.

Paolo Bianchi widmet sich In den Spielzonen der Kindheit dem Kunstwerk als Übergangsobjekt. Er setzt bei der Bedeutung des Teddys für Kinder an und endet bei Mike Kelley und der Katze von Karl Lagerfeld. Schließlich widmet sich Larissa Kikol in Die Kunstwelt als besserer Spielplatz dem Sammeln und den Kunstmessen als erotisch-verspielte Sphäre, sowie Künstlern wie Erwin Wurm, Lars Eidinger oder Jeremy Deller hinsichtlich ihrer provozierten, kindlich körperlichen Kunsterfahrung:

Der Abenteuerspielplatz ‚Kunst‘ hat nie geschlossen, alle können spielen!