Kassel
Vincent Fecteau
Fridericianum 03.04.– 05.09.2021
von Katharina J. Cichosch
Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre gab es eine Spielshow im Ersten deutschen Fernsehen, „Flitterabend“. Moderiert von Michael Schanze, war diese Abendunterhaltung aber nicht allein grundsolide, sondern auch mit einem magischen Versprechen auf insbesondere zwei Situationen ausgestattet: die „Himmelsleiter“, bei der Paare auf einer Wolke mehrere Stufen nach oben fahren, bei falscher Antwort aber auch kippen und schließlich in einem Berg aus Kissen landen konnten. Und der Auftritt eines kleinen Mannes im Glitzerkostüm, der ausscheidenden Paaren als „Bobby Flitter“ das Verlieren mit einem dreidimensional illustrierten Trostpreis versüßen sollte. Viele Jahre keinen Gedanken dran verschwendet, stand dieses Sentiment plötzlich wieder im Raum, und zwar bei einem Ausstellungsbesuch von Vincent Fecteau. Nichts flittert oder glitzert in seinen Objekten, aber wirken sie gleichzeitig so selbstverständlich und geheimnisvoll wie einst die ausgedachten Rituale dieser TV-Show. Und offenbar ist sogar diese Spezifität an Assoziationen wiederum sehr spezifisch für Fecteaus Kunst – die Autorin Fanny Singer fühlt sich in der Ausstellungsbroschüre bisweilen an eine Mundhöhle erinnert, andere an technische Vorrichtungen, aus denen jederzeit unverhofft Wasser sprudeln und das Publikum nassspritzen könnte.
Der 1969 geborene Künstler, der in San Francisco lebt und arbeitet, ist so etwas wie ein Artist’s Artist, beliebt unter Kunstschaffenden und auch bei Kuratorinnen und Kuratoren, aber einem größeren Publikum selbst in den USA kaum bekannt. Fridericianum-Direktor Moritz Wesseler hat Fecteau nun nach Kassel geholt und ihm in der ersten institutionellen Schau in Deutschland eine ganze Etage gewidmet, auf der 67 Arbeiten vom Mikrobild bis…
