Peter Handke und die Kunst
Von Heinz-Norbert Jocks
»Wäre ich ein Maler, ich würde ewig nur die Silhouetten malen, fragmentarisch beleuchtet, in den Bussen, Zügen, Métros, in den Flugzeugen über den Wolken, und diese Bilder wären andere Georges de la Tour’s«
(Peter Handke)
Cézanne muß auf Peter Handke wie eine großartige Offenbarung eingedrungen sein. Davon wissen wir spätestens seit seiner Lehre der Sainte-Victoire, die uns auf herrlichen Umwegen vor die Bilder des großen Malers lockt. Um so verwunderlicher, daß der einmalige Text, zwar von der Kritik als epischer Höhepunkt gefeiert, wohl aber keinen zu fragen veranlaßte, wie denn wohl des Dichters spezielles Verhältnis zur bildenden Kunst insgesamt einzuschätzen sei. Ja, es hat zunächst den Anschein, als stelle der trotz häufiger Lektüre so eindrucksvolle Traktat über den französischen Einzelgänger nur eine Ausnahme dar und als habe der in einem Pariser Vorort Wohnende eine gewisse, darüberhinaus aber sonst nicht viel mehr besagende Vorliebe für Paul Cézanne.
Davon ausgehend, daß Handke seine scheinbar so weit auseinanderliegenden Sujets, wozu das Lob der Schwelle, ein gewöhnliches Allerweltsding wie die Jukebox, das Fragen nach den Erfahrungen der Müdigkeit und der Möglichkeit eines geglückten Tages gehören, variiert, umspielt und erneut fahren läßt, um den Faden eines Themas anderswo wieder aufzugreifen, liegt der Schluß nahe, in der bemerkenswerten Hinwendung zu dem Franzosen stecke mehr als nur ein vereinzeltes Liebesbekenntnis auf Raten. Im Grunde sendet Handke jedesmal, wenn er ein Thema mit Vorsicht, dabei niemals zielstrebig oder auf mitnehmbare Resultate fixiert, umkreist, diverse Rückschlüsse auf das gesamte Werk zulassende Signale aus. Die ewige…