London
The Botanical Mind
Art, Mysticism and The Cosmic Tree
Camden Art Centre 24.09.– 23.12.2020
von Edgar Schmitz
Die Ausstellung zum botanischen Geist kombiniert in ihrem breiten und intelligent kombinierten Ausstellungsfundus historische Artefakte mit Kunst aus dem Umfeld des Gegenwärtigen und gewährt damit Einblicke darein, wie das Pflanzliche neu zu verorten sein könnte: Einblicke zum Beispiel darein, wie quer durch Kulturen und Epochen Pflanzen immer wieder als Motivrepertoire abrufbar sind, wenn es darum geht, Abstammungen und Zusammenhänge als Bilder greifbar zu machen; Einblicke darein, wie botanische Strukturen von der Zentralität des Baums bis zu entkernten Biotopen es ermöglichen, Zusammenhänge zu erkennen und weiterzudenken, in denen westlich Definitionen des Menschlichen nicht nur an ihre Grenzen geraten, sondern endlich auch als überholt und reduktiv zurückgelassen werden können.
Der genealogische Baum, das entzerrt Rhizomatische, die Faszination für Strukturen und Bildlichkeiten des Pflanzlichen erstrecken sich in der gleichsam als Wunderkammer inszenierten Ausstellung über Jahrhunderte, von indischen Kacheln und Temperamalereien aus dem 16. Jahrhundert bis zur abschließenden Galerie mit Arbeiten von Lee Ufan, John McCracken, Cerith Wyn Evans u. a., in der die Umgangsmodi der Gegenwartskunst im neutralsten Galeriedekor durchdekliniert werden.
Wirklich stimulierend ist aber vor allem, wie, ganz im Sinne eines erweiterten Botanikbegriffs, in den dazwischenliegenden Räumen Arbeiten programmatisch vernetzt erscheinen: im Zusammenhang nicht-westlicher Kosmologien erscheinen Linder’s Überzeichnungen weiblicher kodierte Körperklischees geradezu reparativ, und im Umfeld von Henri Michaux’ Deliriumsexperimenten in Zeichnungen und Mustern erschließt sich eine nach-menschliche Wahrnehmungs- und Körperpolitik, die sich ganz im Sinne einer deleuzianischen Neuerfindung dem widmet, was einem Körper möglich sein sollte, wenn sich…
