Gabriele Beßler
Theatrum Naturae et Artis
Martin-Gropius-Bau, Berlin, 10.12.2000 – 4.3.2001
Fast vom Dunkel verschluckt, ist ein auf einem Tisch liegender, sezierter Leichnam zu erkennen. Er bildet das Zentrum eines schemenhaft umrissenen Anatomischen Theaters und harrt seiner Erkundung. Rings umher erheben sich die Zuhörerbänke in dumpfer Stille: der Körper da unten ist leblos – aber über allem schwebt merklich der um seine Funktionen und Fähigkeiten wissende, lebendige Geist. Diese Nischeninszenierung innerhalb der Berliner Ausstellung “Theatrum Naturae et Artis” war ein randständiger, wenig beachteter Höhepunkt. Dafür im Lichte und magnetisch die Blicke anziehend: Details der menschlichen Anatomie: in Formalin eingelegt oder in Wachs gegossen. Außerdem etliches weiteres Anschauungsmaterial menschlichen Erkenntnisstrebens – jeweils spezifizierend getrennt in einzelne Räume: Modelle, Präparate und Apparaturen etwa aus den Bereichen Botanik, Mechanik, Medizin, Biologie, Zoologie oder Archäologie: Eine Universität stellte sich mit einer Objekt-Auswahl aus insgesamt 100 Einzelsammlungen (und ca. 30 Mio.! Objekten) vor – als Museum oder besser als Tempel der Erinnerung, Forschungsmethoden des 19. Jh. in gleichsam konservierter Form darbietend. Wissenschaftshistorisch war eine strikte Spezifizierung zunächst nicht unbedingt geplant. Die im 16. Jh. gegründete Brandenburgische Kunst- und Raritätenkammer im Blick, war es der universell denkende Leibniz, der um 1700 die Einheit von Sammeln, Forschen und Gestalten unter dem Dach einer Akademie gefordert, aber letztlich vergeblich betrieben hatte – in einem allumfassenden Theater der Natur und Kunst eben. Programmatisch also das hier zum Bild vermeintlicher Übersichtlichkeit geronnene Gedächtnis, will sich doch die Alma Mater auch heute wieder als ein Ort osmotischer Durchlässe präsentieren. Im Sinne eines Labors,…