Banksy: Neues Bild gegen Rassismus

8. Juni 2020 · Aktionen & Projekte

Nachdem im Mai 2020 in Minneapolis der Afroamerikaner George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz ums Leben kam, gab es weltweit Protestkundgebungen gegen Rassismus – gegen den Rassenhass in den USA, aber auch gegen Diskriminierungen im jeweils eigenen Land. Auch in der Kunst wurde auf die Tatsache reagiert, dass Floyd, der schon wehrlos am Boden lag, noch acht Minuten lang von einem Polizisten im Würgegriff die Luft abgeschnürt bekam, bis er erstickte, und dass solche Vorkommnisse im US-Alltag keine Einzelfälle sind: laut „Washington Post“ sind seit 2015 in den USA „5.338 Menschen von Cops getötet worden. Unter den Betroffenen sind insgesamt 1.220 Schwarze – das entspricht 29 Toten je eine Million Menschen dieser Bevölkerungsgruppe. Zum Vergleich: In der weißen Bevölkerung sind es nur zwölf Tote je eine Million Menschen.“ Der britische Street-Art-Künstler Banksy reagierte darauf mit einem Bild, das er auf Instagram veröffentlichte. Es zeigt einen Gedenkort mit dem Bild eines Schwarzen, stellvertretend für alle, die wegen ihrer Hautfarbe bei Polizeieinsätzen starben, daneben Blumen und Trauerkerzen. Eine dieser Kerzen setzt eine US-Flagge in Brand. Dazu erklärte Banksy: „Zunächst dachte ich, ich sollte einfach die Klappe halten und zuhören, was Schwarze zu diesem Problem zu sagen haben. Aber warum sollte ich das tun? Es ist nicht ihr Problem. Es ist meins“. Damit meint er ein „fehlerhaftes System“, dessen Reparatur nicht die Aufgabe der Schwarzen oder People of Color sei, sondern eine Aufgabe für die weißen Verursacher, die vor 350 Jahren Sklaven aus Afrika auf ihre Plantagen holten, und die in den Südstaaten der USA auch nach der Abschaffung der Sklaverei 1865 noch gut ein Jahrhundert lang im Alltag eine Rassentrennung praktizierten. Der Film „In the Heat of the Night“ mit Sidney Poitier und Rod Steiger aus dem Jahre 1967 beschreibt mit beklemmendem Realismus jene Atmosphäre, die bis heute von erschreckenden Vorurteilen geprägt ist. In den 1960er Jahren wurden auf Demonstrationen die ersten US-Flaggen öffentlich verbrannt – aus Protest gegen den Vietnamkrieg, aber auch aus Protest gegen die Rassentrennung. Dass Banksy ausgerechnet dieses Motiv in seinem Bild aufgreift, hat einen zeitaktuellen Hintergrund: US-Präsident Donald Trump hatte nämlich 2016 damit gedroht, wer die US-Flagge verbrenne, müsse künftig mit Entzug der Staatsbürgerschaft und mit Gefängnis rechnen. Dass Trump heute das Militär gegen Demonstranten einsetzen will, provozierte ein Novum: denn noch nie in der US-Geschichte haben sich bisher alle noch lebenden ehemaligen Präsidenten gegen ihren Nachfolger gestellt – wie dies über die Parteigrenzen hinweg jetzt unisono der Republikaner George W. Bush und die Demokraten Jimmy Carter, Bill Clinton und Barack Obama tun. Denn Banksys Parabel führt uns auch vor Augen: mit Leuten wie Donald Trump ist die Reparatur des „fehlerhaften Systems“ nicht zu schaffen – im Gegenteil: es gleitet mehr und mehr in eine illiberale Demokratie ab.

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