Bremen
Birgit Jürgenssen
Ich bin
Weserburg 08.05.– 04.10.2020
von Rainer Unruh
Auf einer schwarzen Tafel steht „Ich bin“, geschrieben mit weißer Kreide, daneben ein Schwamm. Alles montiert auf einer Holzplatte und von Acrylglas überwölbt. Das Werk ist leicht zu übersehen. Es misst nur 30 mal 25 mal 3 cm. Trotzdem wurde diese Arbeit von 1995 für den Titel der Ausstellung ausgewählt. In ihr findet die Haltung von Birgit Jürgenssen (1949 – 2003) einen prägnanten Ausdruck: Sie vergewissert sich ihres Daseins im symbolischen Universum der Kunst, vermeidet aber jede Fixierung und erkennt das Ephemere der Existenz an, die jederzeit wieder gelöscht werden kann.
Für Frauen war in der Kunst lange Zeit kein Platz. Die siebziger Jahre, in denen Jürgenssen ihre ersten Ausstellungen in Wien hatte, waren eine Zeit der Kämpfe. Selbst ein Rebell wie Arnulf Rainer, dessen Meisterklasse seine Künstlerkollegin später unterrichtete, behauptete in jener Zeit, Frauen könnten nicht malen. Birgit Jürgenssen ließ sich nicht entmutigen. Sie verfolgte ein doppeltes Ziel. Einerseits die künstlerische Erforschung der Verhältnisse, die in einer patriarchalischen Gesellschaft die Frau unterdrücken. Und andererseits die von viel Fantasie befeuerte Erkundung der Möglichkeiten, ein neues Bild der Frau zu schaffen, wie man es in der Kunst bislang noch nicht gesehen hatte.
Mehr als 200 Werke sind in der Weserburg in Bremen zu sehen, der zweiten Station der Ausstellung in Deutschland nach der Kunsthalle Tübingen. In den frühen Arbeiten aus den Siebzigern zeigt sich deutlich der Einfluss des französischen Surrealismus. „Ohne Titel (The Party)“ (1973) heißt eine auffällige Bleistiftzeichnung. In ihr verschmelzen Mann und Frau…