4 — Die Erweiterung der Weltkarte der Kunst
Carolyn Christov-Bakargiev
Vom Aufbruch in die Peripherie
Carolyn Christov-Bakargiev, die 1957 in Ridgewood, New Jersey geborene, weltweit aktive Kuratorin wurde 2012 vom Magazin „Art Review“ zur einflussreichsten Person im internationalen Kunstbetrieb gewählt. Es war das erste Mal, dass eine Frau an der Spitze der Liste mit dem Titel „Power 100“ stand. Die US-amerikanisch-italienische Kunsthistorikerin und Kuratorin mit bulgarischen Wurzeln war 2008 die Direktorin der 16. Sydney Biennale und 2012 Künstlerische Leiterin der dOCUMENTA (13). Die erste, zu der auch afghanische und indigene Künstler eingeladen wurden. Und gegen großen Widerstand ließ sie die documenta zudem auch noch in Kabul, im kanafischen Banff und im ägyptischen Alexandria stattfinden. Statt Zentralasien mit transatlantischer Kunst zu überschütten, suchte sie den Dialog zwischen Zentrum und Peripherie auf Augenhöhe. 15 von 27 KünstlerInnen der Schau in Kabul stammten aus der Region. Christoph-Bakargiev ist Direktorin des Museo di Arte Contemporanea im Castello di Rivoli in Turin.
Heinz-Norbert Jocks: Wie definierst du Globalisierung, und wann setzte diese in der Kunst ein?
Carolyn Christov-Bakargiev: Jeder versteht den Begriff anders. Die Definition hängt von der Interpretation, den eigenen Prinzipien und Vorurteilen ab. Dabei haben die Biographie und das Leben keinen geringen Einfluss auf die Haltung, die jemand gegenüber der Globalisierung einnimmt. Historisch betrachtet, war Alexander der Große der erste Akteur der Globalisierung, insofern er die Grenzen nach Osten bis nach Indien, ans Ende der Welt verlegt hat. Wenn er auch kein Weltreich auf Dauer schuf, so doch die Voraussetzungen für die Entstehung eines politischen,…