6 — Internationalisierung des Kunstmarktes
Esther Schipper
Reisen zu den anderen Weltenden
Wenn man mehr über die Globalisierung der Kunstwelt erfahren will, führt kein Weg an einem Gespräch mit der Galeristin Esther Schipper vorbei. Nicht nur, weil ihr Programm seit jeher international ausgerichtet ist, sondern auch, weil sie als einer der Ersten den globalen Aspekt im Auge hatte. Und das bereits 1989, in dem entscheidenden Jahr, in dem Jean-Hubert Martin mit seiner inzwischen legendären Ausstellung „Magiciens de la Terre“ in Paris auf heftigsten Gegenwind stieß, weil er sich erlaubte, nichtwestliche Künstler auf dieselbe Stufe mit westlichen zu heben und damit gegen die Hierarchisierung und die Macht des Eurozentrismus in der Kunst rebellierte. Hinzu kommt, dass Schipper in der Galerie szene eine der wenigen Frauen ist, deren weltoffenes Auge und ästhetisches Urteils vermögen großen Einfluss haben, und zwar weltweit.
Ihre Neugierde auf andere Kulturen hat auch mit ihrer Biografie zu tun. 1963 in Taipeh als Tochter des niederländischen Sinologen Kristofer Schipper und der Kunsthistorikerin Wendela Schipper-Gorter geboren, wuchs sie in Paris in einer kosmopolitischen Atmosphäre auf. Nach dem Abitur arbeitete sie in Köln zunächst in einem Ostasiatika-Kunsthaus. Nach ersten Erfahrungen in der Galerie von Monika Sprüth nahm sie ein postgraduales Studium an der École du Magasin in Grenoble auf. Nach der Galeriegründung in Köln öffnete sie 1995 einen Projektraum in Berlin, wohin sie zwei Jahre später zog. Reisen und Leben sind für sie Synonyme. Das Glück der Unzugehörigkeit zu einem Ort oder Land korreliert in ihrem Fall mit der Freiheit eines vorbehaltlosen…