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Ausstellungen: Berlin · von Michael Hauffen · S. 232 - 233
Ausstellungen: Berlin ,

Berlin
Ceremony

Burial of an Undead World
Haus der Kulturen der Welt 23.10.– 30.12.2022

von Michael Hauffen

Postkoloniale Aufklärung bedeutet einerseits, die vielfältigen Formen der Ausbeutung (von nackter Gewalt bis zu psychischer Traumatisierung) zu erkennen, andererseits aber auch Widerstandspotentiale zu erkunden. Für die Verbindung von Kapitalismuskritik und Rekonstruktion selbstbewusster Identität werden hier Konzepte der jamaikanischen Theoretikerin Sylvia Wynter herangezogen. Ausgangspunkt ist ein anonymes Gemälde aus Äthiopien, das die Krönung des Kaisers Haile Selassie durch eine Versammlung von Tieren symbolisiert, und in codierter Form auf ein komplexes Verständnis von Kultur verweist, das unter anderem nichtkanonische Einflüsse jüdischer und frühchristlicher Quellen enthält.

Für die Verbindung von Anschaulichkeit und kulturellem Selbstverständnis kommen in der Ausstellung vor allem einschlägige künstlerische Arbeiten zum Einsatz, die mit der Aufgabe, zwischen analytischer Schärfe, faktischer Dokumentation und bildnerischer Manifestation zu vermitteln, allerdings oft auch überfordert sind.

In der dunkel gehaltenen Ausstellungshalle, unterteilt in kleine Areale mit vielen Nischen und Ecken, finden wir hier ein Video mit einer Voodoo-Aktivistin (Gaëlle Choisne), dort große, trotzig-naiv wirkende Filzstiftzeichnungen von Militärkapellen (Depper Bruce Lafitte) oder hier verfremdete Filmdokumente von Mussolinis Antikenkult und dort ein Video neben einem Bilderatlas, die Materialien zum kolonialen Rassismus und der parallelen Transformation christlicher Theologie als integralen Bestandteil kapitalistischer Verdrängung versammeln (Pauline Curnier Jardin und Alice Creischer / Andreas Siekmann). Zahlreiche Werke aus allen Teilen der Welt knüpfen an traditionelle Kultgegenstände an, wobei die Inklusion weiblicher Perspektiven deutlichen Vorrang hat.

Insgesamt wären fünfzig verschiedene Ansätze zu nennen, die sich an dominanten Sichtweisen und den in ihnen enthaltenen Spuren elitärer, rassistischer und genderspezifischer Ideologeme abarbeiten,…

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