Düsseldorf
Mondrian
Evolution
K20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 29.10.2022 – 12.02.2023
von Reinhard Ermen
Das Bild wirkt fast wie ein Schlachtfeld, je näher du herantrittst (bei 50 cm sagt das Aufsichtspersonal: stopp), umso deutlicher siehst Du, dass die farbigen Klebestreifen nur notdürftig auf der Leinwand befestigt sind, dass sie anscheinend immer wieder versetzt wurden, und wenn die praktischen Streifen nicht mehr richtig hielten, wurden sie mit Heftzwecken fixiert. Piet Mondrian rechnet anscheinend nicht, er probiert: „Mein einziger Lehrmeister war die Erfahrung.“ Das tiefrote Band ist irgendwann wohl ausgegangen, so dass er zu einer leicht abgemischten Variante gegriffen hat, mit der er das andere, dominierende Rot schon mal flickt, Blau nimmt er auch kurz für Schwarz, um anzudeuten, dass hier oben rechts Gelb tiefer gelegt werden soll. Der malträtierte Grund ist weiß zu denken, zu sehen ist, wie er Schwarz zunehmend im Weiß versenkt oder farbig überklebt, nur oben und unten sind zwei schwarze (gemalte) Straßen übriggeblieben. Oben und Unten? Vielleicht steht das Bild ganz offiziell auf dem Kopf, denn im Juni 1944 bei einem Modeshooting (Mondrian starb am 1. Februar 1944) im verlassenen New Yorker Atelier steht es beiläufig im Hintergrund auf einer Staffelei, aber um 180° gedreht. Im Katalog präsentiert Susanne Meyer-Büser diese Variante. Der Versuch das Bild vom Kopf auf die Füße zu stellen, funktioniert gut, trotzdem wird in der Ausstellung selbst an der von der Nachlassverwaltung gesetzten Hängung festgehalten. Beides geht, nichts ist entschieden, die Arbeit blieb unvollendet. „New York 1“, ein Spätwerk in statu nascendi, – selbst der Titel ist nicht…
