Jeff Koons
Der Mythos des Apollon
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Als König des Kitsches apostrophiert und als Chronist der modernen Welt unterschätzt: Jeff Koons, 1955 in York, Pennsylvania geboren, gilt als einer der umstrittensten Künstler der Welt. In Sachen kommerzieller Erfolg und Ruhm wird er nur von Damien Hirst übertroffen. In seinem New Yorker Studio beschäftigt er mehr als 100 Mitarbeiter. Meist dienen ihm Zeugnisse der Konsumkultur als Ausgangspunkte, die er verfremdet oder imitiert, auch Objekte aus der Alltagskunst und der Werbung. Bekanntheit erlangte er zunächst durch seine in Plexiglas-Vitrinen ausgestellten, fabrikneuen Staubsaugern und Poliermaschinen.
Heinz-Norbert Jocks: Was sind Ihre frühesten Erinnerungen an Kunst?
Jeff Koons: Als Dreijähriger besuchte ich an Wochenenden und nach der Schule einen Spielraum, um zu zeichnen und Dinge aus Eisstielen zu machen. Das bereitete mir großes Vergnügen, und darin wurde ich von meinen Eltern unterstützt. Obwohl ich keine Ahnung hatte, was Kunst ist, spürte ich damals ihre Bedeutung für meine Selbstdefinition. Später lernte ich, wie alles zusammenhängt.
Dass ich als Kind zeichnete, lag wohl daran, dass mir der Gebrauch meines visuellen Vokabulars ein Wohlgefühl vermittelte. Noch heute ist das so. Die Tatsache, dass ich für Bilder und Symbole der visuellen Welt so stark empfänglich bin, hängt damit zusammen, wie mein Verstand verdrahtet ist. Ich bin Linkshänder, folglich befasst sich dieser Teil meines Gehirns mit dieser Art visueller Sprache. Auch wenn ich aufblühte und zeigte, dass ich über die Begabung verfügte, Linien zu zeichnen und Schattierungen zu erzeugen, und einen ausgeprägten Sinn für die visuelle Welt…