London
In the Black Fantastic
Afrofuturismen heute
Hayward Gallery 29.06.– 18.09.2022
von Edgar Schmitz
Als Gegenfiktion zum Paradigma der westlichen Moderne ist Afrofuturismus seit Jahrzehnten paradigmatisch. Als Verschränkung aus Spiritualität, Mythologie, Erfindung und Science-Fiction sind Affirmationen, Träume und Fantasien in seinem Zusammenhang vor allem eine Form, Lebensarten einzuklagen und zu feiern, die so immer schon verunmöglicht worden sind.
Eine Ausstellung unter diesem Anspruch mit den Arbeiten von Nick Cave einzuleiten, ist großartig, explizit und ganz im Sinne der übergreifenden Ausstellungsprämisse fantastisch. Direkt jenseits der Eingangstür steht dem Publikum einer seiner Klanganzüge gegenüber. Seit der Brutalisierung Rodney King’s durch weiße Polizisten 1991 hat Cave immer wieder diese tragbaren Skulpturen als Körper, Geschlecht und Hautfarben maskierende Schutzhüllen entwickelt, die letztlich als Armaturen sich entziehender Lebensräume funktionieren.
Wie der Soundsuit das Publikum begrüßt und konfrontiert und sich entzieht, weil dem Blick kein Blick entgegensteht, sondern ein Wirbel aus Palletten-Spirale, hat mit dem psychedelischen Sog entgrenzter Erfahrungsbereiche mindestens ebenso viel zu tun mit den Moden schwarz-amerikanischer Kulturen mindestens seit den siebziger Jahren. Neben den raumtrennenden Ketten aus sich ineinander vergreifenden Händen und vor der psychedelischen Wandarbeit, die gleichzeitig als Thema und Hintergrund und umgreifendes Milieu funktioniert, ist die Figur des Soundsuits ein Vorbote auf die Ausstellung und die immer wieder prominente Vernetzung von Flucht, Fantasie und mythisch inspirierter Spekulation, die notwendig außerhalb der traumatisch besetzten Tradition des westlich-weißen Humanismus operieren müssen.
Bei Wangechi Mutu nimmt das die Gestalt des Monströsen an, die in den Collagen und Malereien oft an den Drexcija-Mythos gemahnt, in den neueren Skulpturen aber jetzt auch materiell…
