Leipzig
Tim Eitel
Offene Wände
Museum der Bildenden Künste 08.09. – 08.12.2019
von Heinz-Norbert Jocks
„Open Walls“, der widersinnig scheinende Titel der geglückten Ausstellung des 1971 in Leonberg geborenen Wahlparisers Tim Eitel im Leipziger Museum der bildenden Künste, führt direkt in das Zentrum einer Malerei, die, formal zwischen Abstraktion und Figuration gleitend, auf so intellektuell raffinierte wie sinnlich ansprechende Weise eine komplexe Welt verschachtelter Räume parallel zur realen Wirklichkeit imaginiert. Alles in allem eine seltsame Parallelwelt, die, von Filmen etwa eines Andrei Tarkowski ebenso beeinflusst wie von Kunstgeschichte, Architektur, – insbesondere von Casa Luis Barragán –, Literatur, Philosophie, Werbung und Medien, ein anders Verständnis von Raum und Zeit ins Bild rückt. Bis zur völligen Verwirrung des Betrachters beschwört Eitel den Geist der Schwelle und treibt ein subtiles Spiel mit Übergängen. Nicht selten kommt es einem so vor, als habe er mitten in einem Film eine über alles entscheidende Szene angehalten, um das Gefühl von eingefrorener Lebendigkeit zu suggerieren. Ja, alles könnte sich gleich wieder in Bewegung versetzen, und dennoch ist da der Eindruck von Zeitlosigkeit. Die Befreiung von allem Überflüssigen in der Darstellung, die Eitel perfektioniert, zielt auf das Herauskristallisieren der Essenz der existentiellen Lage, in welche die menschlichen Figuren geworfen sind.
Dieser sich für die Erfindung seiner Bilder viel Zeit nehmende Maler gilt als einer der prominentesten Protagonisten der Neuen Leipziger Schule, obwohl sich seine singulären Bildwelten Vergleichen widersetzen. Seit zwanzig Jahren evoziert er von Geheimnisvollem umwölkte Situationen, die, ganz auf die Aura des Jetzt bedacht, nichts über das Vorher und das Nachher…