Aktionen und Projekte
Weibels Wort Welt: Ein künstlerischer Kommentar
„Weibels Wort Welt“ ist eine Website von Peter Weibel, der seit 1999 das Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe leitet. Die dort publizierten Beiträge bestehen aus einer Dokumentation von Vorträgen und Interviews, von und mit Peter Weibel. Besonders bemerkenswert ist ein „künstlerischer Kommentar zur aktuellen Situation in den USA“. Wer die Farce verstehen will, mit welcher der noch amtierende Präsident Donald Trump seine Wahlniederlage ignorierte, der schaue sich die Gegenüberstellung der Aufnahme eines Trump-Auftritts mit einer Filmsequenz an, in welcher der Schauspieler Robert de Niro den Gangster Al Capone spielt: Sprachduktus und Gestik von Trump und de Niro erscheinen so synchron, dass man sich fragt: imitiert Donald Trump tatsächlich bewusst oder unbewusst den Schauspieler in dessen Gangsterrolle? Identifiziert sich Donald Trump mit seinem großspurigen Gepoltere tatsächlich mit dem historischen Al Capone und seinen Allmachtsphantasien? Noch pointierter als Peter Weibel dies in seinem künstlerischen Kommentar tut, könnte man wohl kaum die Selbstwahrnehmung von Donald Trump und sein in höchstem Maße bizarres Amtsverständnis entlarven. Al Capone wurde 1931 wegen Steuerhinterziehung zu elf Jahren Haft verurteilt. Und die „Osnabrücker Zeitung“ orakelte bereits: „Gefängnis, Ermittlungen, Bankrott: Was Trump bei Abwahl droht“.
www-zkm.de/de/weibels-wort-welt
Documenta: Gefälschte Einladungen verschickt
War es lediglich ein „Dummer Jungen-Streich“ oder gar eine Kunstaktion, mit der jüngst gefälschte Einladungen zur künstlerischen Teilnahme an der nächsten Kasseler Documenta verschickt wurden? Jedenfalls kursieren „derzeit … nicht von uns ausgehende Einladungen, die etwas für Verwirrung sorgen“, stellt die Geschäftsführung der Documenta klar. Generaldirektorin Dr. Sabine Schormann wirkte jedenfalls über diesen Coup der Fake-Einladungen keineswegs amüsiert, als sie gegenüber der „SZ“ erklärte: „Wir haben wirklich herzzerreißende Briefe erhalten, in denen die Angeschriebenen ihrer Freude Ausdruck verleihen.“ „Zur Teilnahme an einer documenta bewirbt man sich nicht, die künstlerischen Leiter – bei der 15. Ausgabe der Weltkunstausstellung vom 18. Juni bis zum 25. September 2022 ist das die Künstler-Gruppe Ruangrupa aus Indonesien – fordern zur Beteiligung auf“, informiert die HNA-Hessisch Niedersächsische Allgemeine aus gegebenem Anlass. Dennoch lagern „Tausende unverlangter Bewerbungsschreiben… im Kasseler do-cumenta-Archiv“. Wieder andere versuchten, mit dem Argument, die Documenta werde ja schließlich aus Steuergeldern finanziert, ihre Teilnahme vor Gericht einzuklagen, dies allerdings vergeblich: in den 1990er Jahren wies das Verwaltungsgericht Kassel eine solche Klage ab und bestätigte die kuratorische Freiheit.
BER Berlin: Kunst am Bau
Mit der Eröffnung des neuen Berliner Flughafens BER (offizieller Name: Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt) sind nun ab Herbst 2021 dort auch die Kunst am Bau-Beiträge dauerhaft öffentlich zugänglich. Von Olaf Nicolai stammt die Arbeit „Gadget“ als „überdimensionale Perlenkette aus weißen Glaskugeln“ an der Fluggastbrücke an Terminal 1. „Die Kugeln legen sich wie ein Armband um die Brücke und signalisieren die jeweilige und aktuelle Nutzung des Fluggaststeiges: Von der unbenutzten Brücke über die aktive Nutzung bis zum Take-off und dem Anflug werden die verschiedenen Zustände in der Frequenz des Leuchtens visualisiert.“ Pae White entwarf einen „Magic Carpet“, ein fliegender roter und 1.000 qm großer Teppich, der unter der Decke der Eincheckhalle schwebt. Matt Mullican hat mittels Sandstrahltechnik einen „Subject Pavillon“ mit kleinen Symbolen gestaltet und die Gruppe STOEBO (Cisca Bogman und Oliver Störmer sind mit einem Sterntalerhimmel aus 5.000 Münzen vertreten. Takehito Koganezawa hat eine raumhohe Lichtbox konzipiert, „die nach dem Zufallsprinzip in blau und weiß beleuchtet wird. Auf ganz abstrakte Weise wird hier die Reise vorweg genommen“.
www.berlin-airport.de
Kassel: Aussenskulpturen von Alexandra Bircken
In der Reihe „Interventionen“ präsentiert das Kasseler Museum Fridericianum „ortsspezifische Werke, durch die – jenseits der regulären Ausstellungsflächen – die bislang nicht genutzten Zwischenbereiche und Verkehrsflächen des Gebäudes eine Aktivierung, Akzentuierung oder Transformation erfahren. Bei diesen Setzungen handelt es sich um Wandmalereien, Außenskulpturen und Klanginstallationen, die über einen längeren Zeitraum oder sogar dauerhaft am Haus bleiben.“ Für das aktuelle Projekt hat die Bildhauerin Alexandra Bircken eine Figur für den Portikus des Gebäudes geschaffen. Mittels 3-D-Scanner wandelte sie gesammeltes Datenmaterial in eine Gussform für eine grüne Figur um, die einen Handstand vorführt.
www.fridericianum.org
Zentrum für politische Schönheit sucht nach verschwundenen Waffen
„Mehr als 100 Waffen bei Polizei und Bundeswehr verschwunden“ meldete „Die Welt“ am 2. Februar 2020. „Die Hälfte der Verluste entfallen auf die Bundeswehr. Viele Pistolen und Gewehre tauchen nicht wieder auf.“ Mal wird eine Dienstwaffe bei Wohnungseinbrüchen mitgenommen, manch eine halbautomatische Pistole verschwindet „spurlos“ durch Schlamperei und wird „bei Einsätzen liegen gelassen oder kommt bei Truppenübungen abhanden.“ Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic, warnte davor, dass verschwundene Schnellfeuergewehre auch in die Hände von Rechtsextremisten geraten könnten. Das Kunstaktivistenkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) diente kürzlich dem Militärischen Abschirmdienst MAD seine Hilfe bei der Wiederbeschaffung an: „Wir leisten zivile Amtshilfe für den MAD. Wir helfen noch jedem, der nicht darum gebeten hat“, erklärte ZPS-Leiter Philipp Ruch zum Sinn der Aktion „Wo sind unsere Waffen?“ Vor dem Bundeskanzleramt hat das ZPS einen Container als „Waffenrück-gabe-Station“ aufgebaut und will außerdem mit einem „Waffenmobil“ zum Einsammeln über Land fahren. Eine Belohnung ist auch ausgesetzt: „Verwertbare Hinweise aus der Truppe werden mit jeweils 1.000 Euro belohnt“. www.politicalbeauty.de
Basler Regionale 21: Expanded Video Works
Bis zum 3. Januar 2021 veranstaltet das Hek-Haus der elektronischen Künste Basel die Ausstellung „Regionale 21 – Expanded Video Works“. Die Beiträge fokussieren sich auf „den künstlerischen Umgang mit Bewegtbild und präsentiert eine Auswahl an Videos, Filmen, und Animationen. Die Werke in der Ausstellung verbindet eine formale und experimentelle Kreativität bei der Verwendung von Motion-Graphic-Software und dem Einsatz von Videogeräten…“ Beteiligt sind Jésus s.Baptista, Dimension Émotionnelle, Paul Jacques Yves Guilbert, Pavle & Anuk Jovović, Oh Eun Lee, Johanna Mangold und Alexandra Navratil.
www.hek.ch
Queer Art Projects: Online
Bis zum 15. Januar 2021 zeigt die Londoner Initiative „Queer Art Projects“ die Online-Ausstellung „#WIP: Work in Progress / Working Process“. Sie präsentiert 37 Künstler, die von 6 Kuratoren ausgewählt wurden. Zu sehen sind statische Kunstwerke, Live-Streaming-Performances und geplante Vorführungen. „#WIP konzentriert sich auf das Unvollständige und das Laufende,… auf das Ausprobieren, den Irrtum und die endlose Probe, nicht auf das vollendete Kunstwerk, das alle Spuren seiner Entstehung verbirgt und den chaotischen Prozess dahinter unsichtbar macht, der im Nachhinein als Fortschritt bezeichnet wird.“ Beteiligt sind u. a. Larry Achiampong, Sadiq Ali, Sara Anstis, Niya B, Rhine Bernardino, Burong, Vivian Chinasa Ezugha und Leon Clowes. www.queerartprojects.co.uk.
Julius von Bismarck: Neue Arbeit für Landschaftspark Duisburg-Nord
Die Emscher fließt auf einer Strecke von 83 km quer durchs Ruhrgebiet und mündet bei Dinslaken in den Rhein. Nach 1899 hatte man den Fluss und seine Nebenbäche kanalisiert und begradigt, doch mit dem Ende der Industrialisierung im Revier wurde das Emschertal wieder renaturiert. Im Rahmen dieser Maßnahme hat man ab 2010 dort einen Skulpturenweg angelegt, den „Emscherkunstweg“, in Kooperation zwischen Urbane Künste Ruhr, der Emschergenossenschaft und dem Regionalverband Ruhr. Dort errichtet jetzt der Künstler Julius von Bismarck in Zusammenarbeit mit der Architektin und Künstlerin Marta Dyachenko eine Stadt aus abgerissenen Gebäuden, die einst im Ruhrgebiet existierten. Unlängst wurden „die Fundamente für die ortsspezifische und permanent gedachte Installation mit dem Titel ,Neustadt‘ gelegt“. Die 23 Hausskulpturen entstehen im Berliner Atelier des Künstlers und werden dann bis zum Frühjahr 2021 als Miniaturstadt im Landschaftspark installiert.
Münster: Kunst im öffentlichen Raum
Wenn Museen in Lockdown-Phasen geschlossen werden, verlagert sich die Kunstbetrachtung in den virtuellen Raum – viele Ausstellungshäuser haben in den vergangenen Monaten ihre Websites aufgerüstet. Doch solange es keine strikten Ausgangssperren gibt, sind Kunstwerke im öffentlichen Raum frei zugänglich. Darauf weist die Stadt Münster hin, die nicht zuletzt durch die seit 1977 alle zehn Jahre stattfindenden „Skulptur Projekte“ in diesem Bereich ein besonderes Engagement zeigt und heute über eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen von Kunst im öffentlichen Raum verfügt. Dazu zählt z. B. eine Skulptur von Berhard Luginbühl aus dem Jahr 1967, aber auch eine Dauerleihgabe von Adrian Williams („The Curve“) für die Kunsthalle Münster. Zu der Sammlung gehören u. a. auch Arbeiten von Daniel Buren, Claes Oldenburg, Rebecca Horn oder Per Kirkeby. Gerhard Richters Installation „Zwei graue Doppelspiegel für ein Pendel“ (2018) ist im kommenden Jahr wieder in der Dominikanerkirche zu sehen.
www.kunsthallemuenster.de
Mainzer Walpodenkalender
Seit 2018 kontrastiert der Mainzer Kunstverein Walpodenstraße 21 e.V. „mit einem Adventskalender der besonderen Art“ den teilweise arg verkitschten und gründlich kommerzialisierten Weihnachtsgeschäfterummel. Als „Alternative zu den Stereotypen“ mit Glühweinbuden und Betriebsfeiern mit Nikolausmützen inszeniert der Verein im Schaufenster seines Akademiegebäudes vom 1. bis zum 23. Dezember 2020 täglich zwischen 18 und 19 Uhr eine Performance – „von liebevoll besinnlich, über schräg DADAistisch, nachdenklich visionär, queer und skurril bis aufwühlend schrill“. Detailliertes Programm unter:
www.walpodenakademie.de/
Berlin: Werkstatt für kollektives Lernen
Das Projekt „*foundationClass – from within the cracks“ versteht sich als „Werkstatt für kollektives Lernen“. Veranstalter der aktuellen Werkstatt vom 12. Dezember 2020 bis zum 24. Januar 2021 ist die nGbK Berlin. Ein gleichnamiger Studiengang an der weißensee kunsthochschule berlin soll Menschen, „die nach Deutschland migriert und von Rassismus betroffen sind, den Zugang zu Kunstakademien erleichtern. In seiner künstlerischen Praxis hat das Kollektiv den Anspruch, einschließende Lehr- und Bildungsformen zu entwickeln und die Ausschlussmechanismen Weißer Kunstinstitutionen zu dekonstruieren.“ Der Name steht auch für eine „eigene Gemeinschaft. Sie bietet einen sozialen Raum, in dem Wissen, künstlerische und gestalterische Praktiken nicht konsumiert, sondern kollektiv hinterfragt werden.“ Beteiligt sind u.a. Osamah Abouzor, Najwa Ahmed, Ahmad Alali, Anwar Alatrash, Puta Alatrash, Richard Khaldon Al Halah und Rula Ali. www.ngbk.de/de/show/398/foundation-class-from-within-the-cracks