Münster
Camilla Steinum
symptom, sympathy
Westfälischer Kunstverein 24.10.2020–05.04.2021
von Jens Bülskämper
Lockdown light, na toll. Gerade hatte sich die Kulturszene versucht zu berappeln, da heißt es schon wieder „Gehen Sie nicht über Los, ziehen sie keine – hier beliebig geringes Honorar eintragen – Euro ein!“, was auf den unteren Rängen des Kunstbetriebs-Monopoly natürlich mehr schmerzt, als in der Bel Etage. Auch die schmucke Schuhschachtel des Westfälischen Kunstvereins muss vorübergehend ihre kapitale Pforte schließen; nur noch die Arbeiten Camilla Steinums stehen hier im stummen Dialog. Hinzu tritt womöglich das leise Summen der Computer von Kristina Scepanskis Team, das war’s. Publikum fürs Erste: ade!
Jetzt ist also die Erinnerung gefragt und die ruft eine Reihe seltsamer Objekte auf: waren das etwa acht, in frappierender Mimesis hergestellte, Müllsack-Repliken? Hingen da zwölf mit befleckten Pflastern versehene Lottoscheine und vierzehn Gürtel in Übergröße? Im Kabinett ein ‚Hundepuzzle‘, daneben zwei flauschige Wolldecken, die, mit martialischen Nägeln an die Wand gehauen, zum Bild werden. Zahlen sind in drei wellenförmige Holzobjekte eingebrannt, etwa 29, 7, 8, 1. Diskreter Verweis auf den Geburtstag der Künstlerin? Strukturiert wird der Rätselgarten durch einen ‚Laufstall‘ aus Gitterstäben, der in seiner Übermannshöhe das erwachsene Publikum proportional auf Kindergröße zurückschrumpft und an die regulativen Restriktionen gemahnt, die das gesellschaftliche Leben allerorten in Corona-präventive Bahnen lenkt.
Ein mit „Instruction“ betiteltes Künstlerbuch scheint sinnfällig an diesen formalen Gestus anzuschließen, doch der Orientierung verheißende Titel läuft ins Leere: als assoziativer Bewusstseinsstrom im Stil eines kopierten Fanzines scheint hier vielmehr Obstruktion am Werk. „Opportunity is always ahead, if you look and think“ schlaumeiert…
