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Ausstellungen: Hamburg · von Rainer Unruh · S. 236 - 238
Ausstellungen: Hamburg ,

Hamburg
FEMME FATALE

Blick – Macht – Gender
Hamburger Kunsthalle 09.12.2022–10.04.2023

von Rainer Unruh

Hängen oder nicht hängen? Das war die Frage, als die Manchester Art Gallery 2018 das Gemälde „ Hylas und die Nymphen“ (1896) des britischen Malers John William Waterhouse abhängte und zeitweise aus ihrer Sammlung entfernte. Die Kuratorin Clare Gannaway hatte die Aktion zusammen mit der Künstlerin Sonia Boyce durchgeführt, um auf Klischees in der Darstellung von Frauen aufmerksam zu machen. Nun sind beide, Waterhouse und Boyce, in der Hamburger Kunsthalle vereint.

Gleich zu Beginn der Ausstellung „Femme fatale: Blick – Macht – Gender“ blickt man auf Circe. Der Mund aufgeworfen, mit leuchtend roten Lippen, eine Brust halb entblößt, die andere unter dem dünnen Stoff sichtbar – so hat sie Waterhouse 1891 in dem Großformat „Circe Offering the Cup to Ulysses“ gemalt. Eine Männerfantasie von Verführung und Gefahr. Aber Odysseus widersteht. Die kopfgesteuerte Spaßbremse, als die ihn Adorno und Horkheimer in der „Dialektik der Aufklärung“ charakterisieren, versagt sich den Trieben, jedenfalls langfristig. Er steht für Selbstdisziplin. Und für Aufklärung.

Das tut Sonia Boyce auch. Nur versteht sie darunter etwas anderes als der Held der griechischen Antike. In den sechs synchronisierten Videos der Installation „Six Acts“ (2018) dokumentiert sie die freundliche Übernahme der Manchester Art Gallery durch den queeren Performancekünstler Lasana Shabazz, in dessen Verlauf auch das Gemälde von Waterhouse ins Depot wanderte. Solche Gegenüberstellungen von Kunst des 19. Jahrhunderts mit zeitgenössischen Positionen gibt es in Hamburg immer mal wieder. So grüßt Franz von Lenbachs „Schlangenkönigin“ (1894) Valie Exports „Schlangenfrau“ (1989–2005). Und Cordula…

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