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Ausstellungen: Berlin · von Judith Elisabeth Weiss · S. 234 - 236
Ausstellungen: Berlin ,

Berlin
Garten der irdischen Freuden

Gropius Bau 26.07. – 01.12.2019
von Judith Elisabeth Weiss

„Wir müssen unseren Garten bestellen“, schrieb Voltaire 1759 am Ende seines kleinen, aber berühmten Romans Candide oder Der Optimismus. Auf knapp 80 Seiten lässt der einflussreichste Philosoph der Aufklärung ein fulminantes Welttheater entstehen, das als satirisches Bollwerk den Schrecken des Krieges und der Inquisition, dem Entsetzen angesichts der Syphilis, den Qualen der Übersättigung wie auch der Langeweile entgegentritt. In Anbetracht der hier beschriebenen unheilvollen Gegenwart mutet die Formel vom Garten, den es zu bebauen gilt, zunächst allzu harmlos an. Am Ende lässt sie sich als eine Mahnung dafür deuten, im Maßstab der eigenen Geschichte und Lebenswelt zu bleiben. Genau in diesem Sinne taugt der Garten auch heute noch als Metapher, um über die Welt und ihren Zustand nachzudenken, wie die sehenswerte Ausstellung Garten der irdischen Freuden im Gropius Bau verdeutlicht.

Der Titel mag zunächst darüber hinwegtäuschen, dass die Gärten der Kunst nicht nur für Beglückung und Ruhe sorgen. Eine Reihe von Ausstellungen hat bereits in den letzten Jahren die Metapher des Gartens genutzt, um auf die komplexen Probleme unserer Zeit aufmerksam zu machen, zuletzt die Manifesta 2018 in Palermo mit ihrem Konzept des Weltgartens. Auch die im Gropius Bau versammelten 22 künstlerischen Positionen präsentieren den Garten als ein zwiespältiges Konstrukt: Während er in der ikonografischen Tradition des Paradies- oder Liebesgärtleins an ein Heilsversprechen gebunden ist, lassen sich an ihm zugleich auch Krisensymptome der Gegenwart aufzeigen. Die gewählten Begriffe zur Strukturierung dessen, wofür der Garten stehen kann – Utopie, Dystopie,…

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von Judith Elisabeth Weiss

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