Leipzig
Point Of No Return.
Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst
Museum der bildenden Künste Leipzig 23.07. – 03.11.2019
von Michael Nungesser
Vor fast dreißig Jahren ereignete sich die MAUER-Öffnung – ein Epocheneinschnitt. Dass dabei im Osten Deutschlands die Künste nicht nur reflektierend reagierten, sondern auch befördernd wirkten, macht derzeit eine Ausstellung im Museum der bildenden Künste deutlich. Kurator Christoph Tannert hatte schon 1990, wenige Wochen nach dem weltbewegenden Geschehen das Privileg, in Paris die Kunstszene des „L’autre Allemagne“ vorstellen zu können. 2016 zeigte der nunmehrige Leiter des Künstlerhaus Bethanien gemeinsam mit Eugen Blume im Berliner Martin-Gropius-Bau „Gegenstimmen. Kunst in der DDR 1976 – 1989“ und verwies parallel dazu im Künstlerhaus mit „Ende vom Lied“ auf die Folgen der Ausbürgerung von Wolfgang Biermann von 1976 bis in die Gegenwart hinein. Ein ähnliches Konzept hat er nun mit Paul Kaiser (ebenfalls ostdeutsch sozialisiert) in Leipzig umgesetzt – assistiert von dem erst vor zwei Jahren angetretenen und schon wieder scheidenden Museumsdirektor Alfred Weidinger.
Auf imponierende Weise tut sich im Leipziger Museum ein Panorama auf, das, erweitert und vertieft, die zwischen Aufbruch und Verzweiflung liegende Stimmung im Lande um 1989 geradezu hautnah spüren lässt. Zusammengekommen sind Werke von etwas über hundert Künstlern, darunter achtzehn weibliche. Rund ein Fünftel verließ das Land schon vor der sog. Wende – ein Begriff, dessen Inhaltslosigkeit im Katalog zu Recht in Frage gestellt wird, aber wohl kleben bleibt (das zweite Wort „Umbruch“ des Untertitels wird übrigens englisch als „revolution“ übersetzt!). Der Systemwechsel geschah meist nach aufreibenden Antragsprozeduren, umso schmerzlicher für die,…