Me in a no-time state
Über das Individuum
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln 15.09.2016 – 14.08.2017
von Susanne Boecker
Im Kunstmuseum des Erzbistums Köln gibt es keine konventionellen Ausstellungen. Weder Retrospektiven, noch Übersichtausstellungen noch thematische Ausstellungen im engeren Sinn. Stattdessen zeigt man „Jahresausstellungen“. Mit diesem besonderen Format widersetzt sich das Haus beharrlich den Spielregeln des internationalen Ausstellungsbetriebs. Präsentiert werden vor allem ausgewählte Objekte aus dem eigenen Bestand, jeweils aufs sorgfältigste in den großartigen Räumen inszeniert. Ein weit gefasstes Thema bietet den gedanklichen Ansatz, über den man sich den Werken annähern kann – aber nicht muss.
Mit ihrer ungewöhnlich langen Laufzeit konterkarieren die Jahresausstellungen von Kolumba den schnelllebigen Rhythmus zeitgenössischen Museumsmarketings. Und auch wenn sie ein Thema haben, so fungieren die Exponate nicht als eindimensionale „Belegexemplare“ desselben, sondern man respektiert ihren Status als autonome, individuelle und einzigartige Artefakte. Womit wir beim Thema der diesjährigen Jahresausstellung wären: dem Individuum.
Anlass, sich mit der Frage des Individuums und des Individuellen zu befassen, ist die nach sieben Jahren spektakulär abgeschlossene Restaurierung der Figurengruppe der „Vier Gekrönten“. Die Mitte des 15. Jahrhunderts wohl von Konrad Kuyn geschaffene Gruppe stellt vier Bauhandwerker dar: Steinmetz, Architekt, Bildhauer und Polier. Die Steinfiguren sind relativ klein, jedoch von enormer physischer Präsenz. Mit ihrer feinen bildhauerischen Ausarbeitung, der reichen Oberflächengestaltung, der aufwändigen Farbigkeit und naturalistischen Detailtreue gehören sie zu den Spitzenleistungen Kölner Bildhauerkunst des 15. Jahrhunderts. Präsentiert wird das frisch restaurierte Ensemble im großen Raum mit Domblick in kongenialer Nachbarschaft zu Stefan Lochners „Madonna mit den Veilchen“ (kurz vor 1450) und dem Inschriftstein vom Epitaph des Dombaumeisters…