Mittels Kunst neue Denk- und Diskussionsräume eröffnen
Mirjam Zadoff, Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München
im Gespräch mit Jolanda Drexler
Mirjam Zadoff, 1974 in Innsbruck geboren, folgte im Mai 2018 dem Gründungsdirektor des NS-Dokumentationszentrums Winfried Nerdinger im Amt nach. Der Unterschied zwischen beiden ausgewiesenen Wissenschaftlern könnte kaum größer sein. Der angesehene Professor für Architekturgeschichte, der als Direktor das Architekturmuseum der Technischen Universität München großartig aufgebaut und hervorragende Ausstellungen konzipiert hatte, hatte das NS-Dokumentationszentrum erst nach seiner Emeritierung im Oktober 2012 übernommen. Seine durch eine glänzende akademische Laufbahn ausgezeichnete Nachfolgerin ist weiblich, jung und von strahlender Erscheinung. Nach mehreren Gastprofessuren, u. a. in Zürich und Berkeley, hatte Mirjam Zadoff von 2014 bis 2019 den „Alvin H. Rosenfeld Chair in Jewish Studies“ an der Indiana University Bloomington inne.
Das NS-Dokumentationszentrum München, dessen Neubau auf dem Platz des ehemaligen Braunen Hauses (Parteizentrale der NSDAP) im April 2015 eröffnet wurde, ist nach hohen wissenschaftlichen Standards als Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus angelegt. Was kann, ja sollte eine solche Institution in einem Augenblick leisten, da wir gerade durch die großen Gedenkveranstaltungen aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wieder wachgerüttelt worden sind und konsterniert das Wiedererstarken von Nationalismus, Fremdenhass und Antisemitismus registrieren? Mirjam Zadoff beschreitet einen neuen, mutigen Weg.
Jolanda Drexler: Ihnen war als Historikerin eine steile akademische Karriere beschieden. Was hat Sie dazu bewogen, 2018 die Leitung des NS-Dokumentationszentrums zu übernehmen?
Mirjam Zadoff: Ich hatte ja längere Zeit in München gelebt und habe dann von den USA aus dessen Entwicklung beobachtet. Ich…