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Ausstellungen: München · von Heinz Schütz · S. 281 - 282
Ausstellungen: München ,

München
Radio-Aktivität

Kollektive mit Sendungsbewusstsein
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München 18.02.– 23.08.2020

von Heinz Schütz

Die Erfindung neuer Technologien folgt immer wieder der Logik des Machbaren. Soziale, politische und nicht zuletzt ökologische Auswirkungen werden dabei allzu gerne ignoriert und oft erst in der exzessiven Anwendung unübersehbar. In den Worten Bertolt Brechts, dessen „Radiotheorie“ gleich am Anfang der Ausstellung steht: „Kein Mensch kümmert sich um Resultate. Man hält sich einfach an die Möglichkeiten.“ Mit Blick auf das noch junge Radio der Weimarer Republik stellt Brecht fest, dass die Medientechnologie zum Unterhaltungs- und Herrschaftsinstrument des Bürgertums geworden ist. Dem hält er eine demokratische Utopie entgegen: Es gehe darum, das Radio von einem Distributionsinstrument in ein Kommunikationsinstrument für alle umzuwandeln.

Diese Utopie, die sich auch über das Radio hinausdenken lässt, steht wie ein Leitmotiv über der Radio-Aktivität-Ausstellung. Sie richtet den Fokus auf emanzipatorische Kollektive der 20er / 30er-Jahre und der 60er / 70er-Jahre und ist mit Dokumenten, Kunst und den erforderlichen Erläuterungstexten Geschichts- und Kunstsausstellung in einem. Im Gegensatz zu jüngeren Tendenzen, die zum freien Assoziieren und Fühlen auffordern, setzt „Radio-Aktivität“ eine auf Wissensvermehrung ausgerichtete Lern- und Studierwilligkeit voraus. Die durchschnittliche Verweildauer vor Kunstwerken liegt, so wurde berechnet, bei 27,2 Sekunden. Wer mit dieser Geschwindigkeit die Ausstellung durchquert, läuft an ihr vorbei. Spröde und durchaus fordernd liefert sie die Elemente eines historischen Utopiebaukastens, der unvollendete und gescheiterten Utopien in unserer dystopischen Gegenwart aufscheinen lässt.

Die Diskrepanz zwischen utopischer Theorie und Praxis deutet sich bereits in der Wand füllenden Fototapete vor dem Eingang an. Sie zeigt eine…

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